Startseite | Impressum | Zeitung | Beiheft | Archiv nach Autoren | Archiv nach Rubriken








Zeitung << 1/2002 << Die großen Sündenböcke der Geschichte: die Juden

Die großen Sündenböcke der Geschichte: die Juden
Autorin: Gyöngyi Héjja

Der Holocaust-Gedenktag am 16. April, der uns an die Eröffnung des ersten ungarischen Ghettos in Mohács erinnert, stellt einen guten Anlass dar, über die lange Geschichte des europäischen Antisemitismus nachzudenken. Das Spießrutenlaufen der Juden begann nämlich nicht erst unter Hitlers Regime, als sie als die Verursacher der Krise der deutschen Wirtschaft angesehen wurden, sondern bereits im frühen Mittelalter, als sie zum Sündenbock gemacht wurden, als die gefürchtete Krankheit, die Pest, die auch Schwarzer Tod genannt wurde, im 14. Jahrhundert Europa erreichte.

Die meisten Juden wohnten im Mittelalter in Diasporen. Die Einwohner der Diasporen mussten in für sie fremder, und meistens feindlicher Umgebung leben. Damit sie das Gefühl ihrer Zusammengehörigkeit stärkten, bemühten sie sich um das Bewahren ihrer Religion und ihrer Gebräuche. Sie waren nie eine beliebte Minderheit, verfolgt wurden sie aber auch nicht immer. Die Andersgläubigen verhielten sich gegenüber die Juden nur dann feindlich, wenn sie durch das Erhalten ihrer religiösen Sitten politischen Interessen gegenüberstanden. Mit dem Erscheinen des Christentums spielten die politischen Verhältnisse keine Rolle mehr, denn die zwei Religionen standen einander sowieso gegenüber.
Die in europäischen christlichen Ländern lebenden Juden wurden mit beschränkenden Verfügungen belegt: Sie durften mit Christen nicht in Berührung kommen, sie konnten keinen christlichen Diener besitzen und es wurde ihnen unmöglich gemacht, ein Landgut kaufen zu können. Die Folge war, dass die Juden zuerst im Handel, dann auch im finanziellen Leben eine wichtige Rolle spielten, denn nur ihre Religion erlaubte die Geldverleihung gegen Zinsen. Ein Teil der Einwohner der Diasporen wurde sehr reich, was aber natürlich den Neid der Christen hervorrief.
Die mildeste Form des Auftretens gegen die Juden war die Abtrennung. Sie mussten in einem eigenen Stadtviertel wohnen, das später durch eine Mauer umschlossen wurde. So entstand das Ghetto. Ebenso mussten sie ein Unterscheidungszeichen tragen: entweder einen gelben Fleck an der Kleidung oder einen Hut mit Hörnern. Eine gröbere Form war die Taufe mit Gewalt. Die radikalsten Offenbarungen des mittelalterlichen Antisemitismus waren die Pogrome und staatlichen Verfolgungen. Pogrom bedeutete die durch die Bevölkerung angeregte Gewalt und Vernichtung.
Als die Verhältnisse auf einem Gebiet unerträglich wurden, begann die Flucht in friedlichen Regionen. Die aus den südlichen und westlichen Bereichen geflüchteten Juden ließen sich in Mittel- und Osteuropa nieder. Aus manchen Staaten wurden sie vertrieben: 1290 aus England, 1306 zuerst nur aus Paris, 1349 aus ganz Frankreich, 1492 aus Spanien und 1496 aus Portugalien. Ein bekanntes Beispiel für den Antisemitismus, der vor allem gegen die Juden gerichtet ist, stellt der Holocaust dar. Hitler nutzte dabei den uralten Hass der Christen gegen die Juden aus, indem er den Menschen einredete, dass sie für die Krise der deutschen Wirtschaft verantwortlich seien, um seine hirnverbrannten Ideen zu verwirklichen. Er plante nicht nur die Vernichtung des gesamten jüdischen Volkes - es wäre nur der erste Schritt gewesen -, sondern er hatte auch vor um die Vorherrschaft der "Übermenschen" zuerst in Europa, später auf der ganzen Welt zu gewährleisten, nach der Beendigung der Ostkolonisation auch die Slawen, die sogenannten Sklavenvölker von Schritt zu Schritt aus dem Weg zu schaffen. Um das zu erreichen, wählte er die Methode der Sterilisation, die auch die grausamen Experimente von Doktor Mengele in Birkenau beweisen können. Der berüchtigte Arzt tötete während seiner Forschungen, die im Interesse der Arier durchgeführt wurden, Tausende von "Untermenschen". Zum Glück konnte Hitler nicht sein ganzes Programm umsetzen, aber auch die fast völlige Vernichtung von deutschen, italienischen, ungarischen und griechischen Juden gehört zu den größten Schandenflecken der deutschen Geschichte. Beim Vergleich mit dem mittelalterlichen Antisemitismus wird deutlich, dass er auf dessen Methoden zurückgriff, indem er Gesetze brachte, die den Juden das Tragen des Davidsterns und das Leben unter nicht menschenwürdigen Verhältnissen in Ghettos vorschrieben und die Eheschließung von Christen und Juden verboten. Um eine höhere Sterblichkeitsrate zu erreichen, rief er die Errungenschaften der modernen Technik zur Hilfe, indem er an die Stelle der altmodischen Pogrome, die viel wirkungsvollere Gaskammer setzte.