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Zeitung << 1/2002 << Musiktipps


Musiktipps
Autoren: Noémi Nagy, Ádám Gács

Xavier Naidoo – Himmel-Stürmer?!

Einer der erfolgreichsten deutschen Popstars der letzten Jahre. Von seinem Debut-Album Nicht von dieser Welt wurden mehr als eine Million Stück verkauft. Von Echo bis MTV-Awards hat er alle wichtigen Musikpreise abgeräumt. "Soulig, Farbig, Gläubig“ ist das Motto der Marktlücke, die Xavier Naidoo nachhaltig besetzt.

Geboren am 2. Oktober 1971 in Mannheim als Sohn einer Südafrikanerin und eines Vaters mit indischer Herkunft, beginnt Naidoo das Singen in Schul- und Kirchenchören. Nach der Mittleren Reife und einer abgebrochenen Kochlehre erhält er 1992 das Angebot zu einer Plattenproduktion in den USA und sammelt dort erste Erfahrungen im Musikbusiness, vor allem schlechte. Enttäuscht ins heimische Mannheim zurückgekehrt, singt er in Musicals und jobbt nebenbei als Türsteher des Mannheimer Milk!-Clubs, einer der Brutstätten der deutschen Drum’n’Bass-Szene. Einen musikalischen Einfluss hatte diese Phase allerdings nicht, sein Vorbild sieht er eher in einem Herbert Grönemeyer.
Schließlich landet Naidoo als Background-Sänger beim Rödelheim Hartreim Projekt der Frankfurter Produzenten Moses Pelham und Thomas Hofmann. Die erkennen Naidoos enorme gesangliche Fähigkeiten und bauen ihn für ihr Label 3p in einzigartiger Weise zum Solo-Star auf. Die von ihm gesungene, aber unter der Marke Sabrina Setlur erschienene Single Frei sein lenkt die Aufmerksamkeit auf den Mannheimer. Im Juli 1998 erscheint dann das Debut-Album und die Erfolgsstory nimmt ihren Lauf: das Album hält sich über ein Jahr in den Top 20, die Singleauskopplungen werden zu Hits, der Song Sie sieht mich nicht, ein Beitrag zum Soundtrack des Films Asterix gegen Ceasar, erreicht Platinstatus; Tournee und Festivalauftritte werden zu Triumphen und das folgende Live-Album verkauft sich ebenfalls prächtig.
Nicht zuletzt die eigenwillige Religiosität, die in den Texten Naidoos zum Ausdruck kommt, fördert die Bekanntheit Xaviers – was er in Rödelheim-typischer Bescheidenheit gerne wie das englische "Saviour“-"Der Erlöser“ ausgesprochen hören will. Er gibt den Messias. Die teilweise kruden und nicht nur religiös radikalen Statements Naidoos werden von der Presse bereitwillig rezipiert, sie erhebt ihn zum "Himmel-Stürmer", zum "Jesus der Hitparaden", belegt sein Erfolg doch schließlich die These von einer haltlosen, sich nach Spiritualiät sehnenden Generation.
Erst mit dem Jahr 2000 fällt dann der eine oder andere Schatten auf Naidoos bislang so makellose Karriere. Nachdem er in der Bunten von der Labsal regelmäßigen Haschischkonsum berichtet, fallen wenige Tage später die Zivilfahnder mit der Tür ins Haus. Wegen der dabei anfallenden 48 Gramm muss sich Naidoo vor Gericht verantworten. Ebenfalls vor Gericht endet ein Streit mit Moses Pelham, der sich am Erfolg der Söhne Mannheims entzündet. Dieser plötzliche Einbruch von Realität scheint sich auch auf Naidoos Texte auszuwirken. Als Mentor und erster Sänger der Söhne wirkt er nicht mehr so abgehoben. Bedrohlich ist nun nicht mehr ausschließlich das "Dunkel", sondern die soziale Lage. Erlösung verspricht nicht mehr das "Licht", sondern der Community-Gedanke. Und den Sound, den er mit der Mannheimer Combo auf die Bühne bringt, kann man im Vergleich mit seinen Soloalben durchaus schmutzig nennen. Das alles ist – zum Glück – nun wieder etwas mehr "von dieser Welt".
Sein letztes Soloalbum erscheint nach anderthalb Jahren Sendepause. Es ist ein Doppelalbum mit 30 Songs. Alles für den Herrn, die erste der beiden CDs, macht ihrem Namen alle Ehre. "Sie thematisiert mein Verhältnis zu Gott", erklärt der Mannheimer Soul-Poet. Und diese Beziehung ist intensiv und vielschichtig. Sie reicht von apokalyptischen Rap-Visionen (Der Herr knickt alle Bäume) bis zu entspannten Reggae-Psalmen wie dem Titelstück. Es ist eine Art modernisierter Lobpreis und pflegt die alte Tradition, Psalme zu schreiben. Auf der zweiten CD Zwischenspiel schlägt Xavier Naidoo bewusst ein völlig neues Kapitel auf, singt über Liebe, Beziehungen, Gefühle und Politik. "Gerade die Liebeslieder sind für mich schon außergewöhnlich. Aber meine bisherige Arbeit hat gezeigt, dass man auch in Deutschland über so etwas wie Glauben Texte machen kann. Der Grundstock ist also gelegt, ich muss nicht stur nur davon singen. Außerdem finde ich es reizvoll, den Leuten mal eine andere Seite zu zeigen." Besonders eindrucksvoll gelingt ihm dies mit der ersten Single Wo willst du hin?, einer Ballade, die das Erfolgsrezept von Hits wie Führ mich ans Licht oder Nicht von dieser Welt weiterentwickelt – nur dass sich dabei nicht Gott, sondern ganz offensichtlich eine junge Dame angesprochen fühlen darf. "Das Lied ist ein Stück weit autobiographisch", gibt Xavier zu. "Weil auch immer die Möglichkeit besteht, dass jemand zu mir sagt: ‚Ich mach’ das nicht mehr mit, Dein Leben und diesen hohen Stellenwert, den Gott für dich hat.’" Der Song ist die erste Singleauskopplung aus dem Doppelalbum. Xavier Naidoo ist ein sehr interessanter und auch eine widerspruchsvolle Person. Es lohnt sich, seine Songs einmal anzuhören.


Celine Dion – A New Day Has Come

Die erfolgreichste Sängerin unserer Zeit, Celine Dion (34), meldete sich nach 2 Jahren Babypause im März 2002 mit einem brandneuen, englischsprachigen Studioalbum, das von vielen für das beste ihrer bisherigen Karriere gehalten wird und das gleich nach der Veröffentlichung in den meisten europäischen Ländern Nummer 1 wurde, zurück.

"Ein neuer Tag ist gekommen" heißt es im Titelsong ihres aktuellen Albums. Und tatsächlich veränderte sich vieles im Leben der Franko-Kanadierin, die im Verlauf ihrer Karriere weltweit über 140 Millionen Platten verkauft hat und eine der besten Sängerinnen aller Zeiten ist. Sie gewann zahlreiche Grammys, American Music Awards und verschiedene andere Auszeichnungen, und sie hat Fans in der ganzen Welt.
Vor zwei Jahren zog sie sich aus dem Show-Geschäft zurück, um eine Familie zu gründen. Ihr Sohn René-Charles veränderte ihr ganzes Leben. Letztes Jahr nahm sie am Benefizkonzert A Tribute to Heroes für die Opfer der Anschläge vom 11. September 2001 teil, wo sie God Bless America sang. Die Geschehnisse der letzten zwei Jahre versuchte sie auf ihrem Album A New Day Has Come aufzuarbeiten, dessen erste Single gleichzeitig der Titelsong des neuen Albums in der deutschen Fernsehshow Wetten, dass…! im März 2002 in München vorgestellt wurde.
Wie Celine selber in einem Interview sagte, hat sich die Musikindustrie in letzter Zeit drastisch verändert: viele Stilrichtungen wurden neu definiert und große Namen wie Michael Jackson, Mariah Carey oder Whitney Houston hatten die schrecklichsten Niederlagen ihrer Gesangskarriere erlitten. Viel Druck lag also auf den neuen Veröffentlichungen solcher Stars, wie Celine Dion einer ist.
Was erwartet uns auf dem neuen Album von Celine Dion? 17 brandneue Songs von Produzenten wie David Foster, Walter Afanasieff, John "Mutt" Lange, Aldo Nova und Andreas Bagge. Viel schnellere Songs als bisher, aber die wunderschönen Balladen fehlen auch nicht. Gleich das erste Lied, I’m Alive strotzt vor Kraft, es spricht leichtere Töne an (vom selben Produzententeam, das auch That’s The Way It Is geschrieben hat), ähnlich wie der Dancefloor-Hit Sorry For Love (ein echter Ohrwurm) oder das moderne Rain, Tax (It’s Inevitable). Auf dem Album singt sie auch auf Spanisch, und einer der Höhepunkte ist die neue Version von Nature Boy (original von Nat "King" Cole gesungen) und At Last (geschrieben von Glenn Miller, gesungen von Etta James). Zwei große Balladen auf dem Album sind I Surrender und Goodbye’s (The Saddest Word). Letztere zeigt die Emotionen, die einen bei dem Tod der Mutter überwältigt. Insgesamt ist es ein perfekt produziertes Pop-Album und die Lieder passen zu Celines gewaltiger Stimme.
Leider wird sie mit dem Album nicht auf Tournee gehen können, denn sie unterschrieb einen exklusiven Vertrag im Wert von 100 Millionen Dollar mit dem Caesar’s Palace in Las Vegas, wo sie drei Jahre lang auftreten und jährlich 600 Shows in einem speziell für dieses Ereignis gebauten Theater geben wird. Dieses Theater ähnelt dem römischen Colosseum und hat 4000 Sitzplätze. Das ermöglicht ihr, dass sie ihre Familie nicht verlassen muss und doch ihren Fans spektakuläre Shows bieten kann. Es wird also keine Konzertreihe geben, aber dafür eine richtige Theaterpräsentation. Verantwortlich für diese Shows ist Franco Dragone, der Regisseur von Cirque de Soleil und Mystere. Das neue Album enthält auf jeden Fall ein geeignetes Songmaterial für eine Show. Es ist jedem zu empfehlen, der anspruchsvolle und zeitbeständige Musik zu hören wünscht.