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Zeitung << 2/2002 << Interview mit Prof. Dr. Mihály Szajbély


„Ich würde mich freuen, wenn es unter den Kommunikationsstudenten mehr Germanistikstudenten gäbe“
Interview mit Prof. Dr. Mihály Szajbély

Autorin: Eszter Zóka

Herr Szajbély, kennen Sie das GeMa?
Ja, ich habe schon hineingelesen. Ich halte es eindeutig für eine sehr gute Initiative, dass die Studenten mit Hilfe der Dozenten auf Deutsch eine deutsche Zeitung produzieren, und zwar auf einem guten Niveau. Es ist nur eigenartig, dass sie nicht besonders bekannt ist.

Sie haben Mitte November als Leiter des Lehrstuhls für Medienwissenschaften einige Tage in Siegen verbracht. Was war das Ziel Ihrer Reise?
Ich hatte vor, mit dem Siegener Institut für Medienforschung Beziehungen aufzunehmen. Sie haben dort einen Diplomstudiengang Medienplanung, -entwicklung und -beratung, und zwei neuartige Baccalaureat-Studiengänge in diesem Bereich.

Was gab den Anlass dazu?
Der Leiter des Siegener Instituts, Professor Ralf Schnell, besuchte vorigen Frühling unser Institut für Germanistik und hielt mehrere Vorlesungen, unter anderem auch in dem Bereich der Medienästhetik. Zu diesem Vortrag bin ich von Professor Bernáth eingeladen worden und hatte die Gelegenheit, Professor Schnell kennen zu lernen. Als Folge unserer Unterhaltung erhielt ich einige Wochen später die Einladung, mich in Siegen „umzuschauen”, was sich jetzt im November realisiert hat.

Was bedeutet diese Kontaktaufnahme für uns in Szeged?
Das hat noch keine konkreten Formen angenommen. Ich habe diesen Aufenthalt dazu benutzt, mich mit den Umständen, Konzeption und Themen der Siegener Fachbildung bekannt zu machen. Durch die Unterhaltung mit Professor Rainer Leschke habe ich erfahren, dass das Institut in Siegen unter ähnlichen Umständen nicht viel früher gegründet wurde als unseres. Sie haben auch ähnliche Probleme wie wir und lehren im Grossen und Ganzen dasselbe. Außerdem kommen die Siegener Professoren ebenfalls aus der Richtung der Literatur- und Kulturwissenschaften.

Unterschiede gab es weniger?
Unterschiede gab es natürlich im System, was aber wichtiger ist, dass die deutschen Institute für Medien ebenfalls ihren Platz und Spezialgebiete suchen, wie wir. Sie sind natürlich viel besser ausgestattet, zum Beispiel mit einem Medienzentrum, wo u.a. die deutschen Fernsehprogramme archiviert werden. Es kommt des Öfteren vor, dass sich die Kanäle nach einem Dokument bei ihnen erkundigen.
Außer der Bekanntschaft mit der Bildungsstruktur in Siegen lieferte eine Konferenz über die „Konzeptionen der Medienwissenschaften” vom 21. bis 23.11.2002 weitere Informationen. Es handelte sich darum, was diese Wissenschaft bedeutet, wie sie von anderen Disziplinen zu differenzieren ist. Es gab vier Sektionen: Kulturwissenschaften, Kommunikations- und Sozialwissenschaft, Film und Fernsehwissenschaft, Informatik und Design. Sie war in zweierlei Hinsichten interessant: einmal die unkonventionelle Methode der Abwicklung mit Debatten auf hohem Niveau. Dazu kommt die Gelegenheit mit Forschern aus anderen Universitäten zu sprechen, wobei sich auch Göttingen, die Partneruniversität von Szeged als offen für eine Zusammenarbeit erwies.

Wie sieht die geplante Kooperation mit Siegen aus?
Es gibt zwei Möglichkeiten der Zusammenarbeit: Austausch von Publikationen, das Ausarbeiten von gemeinsamen Projekten ist ebenso vorstellbar. Zweitens kommt der Studentenaustausch in Frage. Das hauptsächliche Problem dabei ist, dass wir ohne Weiteres Studenten finden können, die Deutsch sprechen und verstehen, das sind aber wesentlich weniger als welche mit Ungarischkenntnissen. Und die Unterrichtssprache ist bei uns ausschließlich Ungarisch, auch wenn viele Dozenten deutsch sprechen können.

Wäre es diesbezüglich möglich, dass Germanisten Vorlesungen auf dem Gebiet der Medienwissenschaften besuchen können?
Es gibt in der Tat eine Chance dafür, wenn die Sprachfächer praxisorientierter werden. Es ist nicht unvorstellbar, dass Kurse in diesem Bereich auch in Deutsch angeboten werden, was auch deshalb nicht schlecht wäre, weil es das Problem der Austauschstudenten lösen könnte.

Es besteht also die Möglichkeit einer engeren Zusammenarbeit zwischen den Fächern Kommunikation und Germanistik.
Ich glaube schon. Die Beziehungen können auf dieser Grundlage auf jeden Fall enger geflochten werden. Ich würde mich auch freuen, wenn es unter den Kommunikationsstudenten mehr Germanistikstudenten gäbe. In diesem Jahr wurde es Pflicht, neben dem Fach Kommunikation ein weiteres Fach zu belegen. Seit dem gibt es immer mehr Germanisten, momentan elf. In gewisser Hinsicht haben Sprachfächer eine Priorität, da für dieses Gebiet eine professionelle Fremdsprachenkenntnis einen großen Vorteil bedeutet. Soweit das möglich ist, möchten wir das zukünftig auch bei der Aufnahmeprüfung gelten lassen. Besonders Germanisten wären uns auch deshalb wichtig, weil sich unser Institut, was die internationalen Beziehungen betrifft, statt der allgemein üblichen englisch-amerikanischen Richtung eher an die in Ungarn weniger bekannte, dabei aber sehr niveauvolle und aufregende deutschsprachige Richtung anschließen möchte. Das hängt auch mit unseren bisherigen Forschungen und in großem Maße mit meinen eigenen literaturgeschichtlichen Forschungen zusammen, die sich gleichfalls stark an der deutschen Fachliteratur orientierten. All das bildet eine feste Basis dafür, dass wir dem Institut für Medienwissenschaften in Szeged eine deutsche Richtung geben, was sich als eine natürliche Grundlage zur Zusammenarbeit mit dem Institut für Germanistik erweisen kann.

Sie hatten bereits mehrere Studienreisen und Vorträge in Deutschland und Österreich. Wie kam es dazu, dass Sie sich die deutsche Sprache so gut angeeignet haben?
Das ist eine Frage der Auffassung. Ich war nie ein Germanist und habe erst nach meinem Studium Deutsch gelernt. Man bemüht sich zwar, aber die Sprachsicherheit, die man erlangen kann, wenn man früh genug damit anfängt, kann man wahrscheinlich nicht mehr haben. Nachdem ich begonnen hatte, mich mit der ungarischen Literatur des Anfangs des 19. Jahrhunderts zu beschäftigen, erkannte ich am Beispiel meiner Professoren, dass diese Epoche kaum ohne Deutschkenntnisse erforscht werden kann. Dem verdanke ich also meine deutschen Sprachkenntnisse. Als ich in Wien und Berlin forschte oder unterrichtete, befasste ich mich mit der ungarischen Literatur immer auf Deutsch.

Vielen Dank für das Interview!