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Zeitung << 2/2002 << Studenten und Geld


Studenten und Geld
„Heutzutage ist es gut Student zu sein“

Autorin: Judit Fináncz

Seit der Wende hat sich die Zahl der Studierenden in Ungarn verdreifacht. Diese Expansion demonstrieren die folgenden Details der Philosophischen Fakultät der Universität Szeged: im Jahre 1990 studierten 981 durch den Staat finanzierte TaghörerInnen hier und diese Zahl beträgt heute 3400. Die Fern- und KostenersatzstudentInnen mitgerechnet gibt es mehr als 6000 StudentInnen an der Fakultät.

Unterkunft
Während sich die Zahl der Studierenden erhöhte, entwickelte sich die Infrastruktur der Universitäten nicht. Was davon das Leben der HörerInnen stark beeinflusst, ist die Unterkunft in Studentenwohnheimen. Ein Wohnheimplatz kann für weniger als 40 Prozent der Studierenden durchschnittlich im Land gesichert werden und Szeged bleibt da weit zurück: nur 28-30 Prozent der StudentInnen bekommt einen Platz im Wohnheim, wofür man in der Theorie 3.900 Forint pro Monat bezahlen soll. Aber praktisch kostet es mehr, weil diese Summe nur die Grunddienstleistungen enthält. Wenn ein Wohnheim über Zusatzeinrichtungen wie etwa Sportplätze, Bibliothek oder Internetanschluss verfügt, die alle Bewohner in Anspruch nehmen können, muss man es bezahlen. Das bedeutet 1.000-2.000 Forint Mehrausgabe pro Monat, egal, ob man diese Möglichkeiten nutzt oder nicht.

Wegen der geringen Zahl der Wohnheimplätze muss man oft selbst für Unterkunft sorgen, was ein kostbares Unternehmen ist, obwohl man sich um Wohnförderung bewerben kann. Wer in einer der traditionellen Universitätsstädte Szeged, Pécs oder Debrecen studiert, hat Glück: hier kann man nämlich eine entsprechende Untermiete, je nach dem Komfort und der Distanz von der Uni, schon ab 9-10.000 bis 20.000 Forint pro Monat pro Kopf mit Nebenkosten finden. StudentInnen, die in Budapest, Gyõr oder Veszprém studieren, müssen für eine Untermiete zu ähnlichen Bedingungen mehr bezahlen. In der Innenstadt von Veszprém sind z.B. die Preise so hoch, dass die StudentInnen nicht gewillt sind diese zu zahlen. Sie mieten lieber ein Wochenendhaus am Balaton oder in den naheliegenden Dörfern (der beliebteste Ort ist Balatonalmádi). Die Eigentümer der Villen freuen sich, dass jemand auf das Haus auch im Winter aufpasst und sie noch dazu Geld bekommen.

Neben der Unterkunft hat man aber auch andere Kosten: man muss sich ernähren, Bücher und Lehrmittel kaufen und nach Hause fahren. Außerdem besteht das Leben für StudentInnen nicht nur aus Lernen: junge Leute gehen relativ oft aus, was auch etwas Geld beansprucht. Und wenn man als Kostenersatzstudent(in) noch Studiengebühr zahlen soll, muss man wirklich in guter finanzieller Lage sein. Diese Summe beträgt nämlich ungefähr 50-100.000 Forint an den geisteswissenschaftlichen Fakultäten pro Semester. An den medizinischen Fakultäten kann sie allerdings sogar 600-900.000 Forint betragen.

Staatliche Förderungen
Der Staat stellt den Universitäten jährlich eine bestimmte Summe pro Student zur Verfügung. Das ist der Rahmenbetrag für Studierende. Dieser Betrag besteht aus drei Komponenten: aus dem Normativ für Studierende (78.400 Forint), der Wohnförderung (33.000 Forint) und der Notizförderung (7.000 Forint). Für die Verwendung dieser Summe stellt die Studentenselbstverwal tung einen Antrag, aber die endgültige Entscheidung wird vom Universitätsrat getroffen. Es ist eine staatliche Vorschrift, dass mindestens 50 Prozent des Rahmenbetrags für Studienstipendium und höchstens 25 Prozent des Normativs (aber mindestens 8 Prozent des Rahmenbetrags) für die Wohnförderung verwendet werden soll. Dieser Betrag wird an der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Szeged folgenderweise verwendet: die für soziale und Wohnförderung verwendbare Summe änderte sich seit den letzten Jahren nicht, also beträgt die Wohnförderung ungefähr 5.000 Forint pro Monat und es ist fast unmöglich, sich um eine soziale Förderung mit Erfolg zu bewerben. Aber es ist erfreulich, dass sich die Beträge des Studienstipendiums wesentlich erhöhten. Mit einem Forschungfach kann man mehr als 20.000 Forint, einem zusätzlichen geisteswissenschaftlichen Fach mit Lehramt 14.150 Forint, ohne Lehramt 12.700 Forint pro Monat bekommen. Diese sind natürlich Höchstwerte, die man nur mit ausgezeichnetem Ergebnis bekommen kann. Aber wenn man zwei Fächer mit Lehramt hat und die Stipendiumgrenze bei beiden erreicht, bedeutet es eine spürbare Hilfe für das Auskommen.
Seit einigen Jahren gibt es eine andere Bewerbungsmöglichkeit für Studierende: Bursa Hungarica. Es ist eine soziale Förderung, um die man sich am Wohnort bewerben kann. Die Bewerbung wird von der lokalen Selbstverwaltung beurteilt und die zugestandene Summe kann von der Selbstverwaltung des Komitates und von der Institution, an der man studiert, ergänzt werden. Als staatliche Förderung muss noch der Studentenkredit erwähnt werden, obwohl man ihn nach der Absolvierung zurückzahlen muss. Jeder Studierende kann den Kredit für sein erstes Diplom aufnehmen, unabhängig von der finanziellen Lage und der Studienleistung. Man muss dazu nur das Studentenverhältnis dokumentieren. Der maximale Betrag des Kredites ist zurzeit 25.000 Forint pro Monat und er kann für fünf Monate in einer Summe beansprucht werden. Das Zurückzahlen beginnt mit der ersten Anstellung, die Zinsen sind staatlich garantiert. Die Tilgungsraten werden von dem Gehalt automatisch abgerechnet, aber die Forderung der Bank kann höchstens sechs Prozent der Gage in Netto sein. Natürlich kann man das Geld auch in größeren Raten zurückzahlen, wenn man dazu die Möglichkeit hat.

Unterstützung durch Familie und Job
Das Ungarische Gallup Institut machte eine represantative Umfrage über die finanzielle Lage der StudentInnen in Ungarn in den Jahren 2000 und 2002. Im November 2000 wurden 2020 StudentInnen von 120 Hochschulen gefragt. Die Umfrage im Jahr 2002 arbeitete mit einem Muster von 1000 Personen. Die Ergebnisse stellen den Stand vor bzw. nach der Einführung des Studentenkredits dar. Nach der Umfrage 2000 bekommt 70 Prozent der Studierenden ein regelmäßiges Stipendium (Durchschnitt: 7.200 Forint) und 83 Prozent von ihnen wird von den Eltern unterstützt (Durchschnitt:17.100 Forint). Drei Fünftel der Befragten sagten, dass ihre Studien eine wesentliche, aber lösbare Belastung für die Familie bedeuten. Die StudentInnen verfügen durchschnittlich über 26.200 Forint pro Monat. Davon geben sie 5.500 Forint für Unterhaltung, 3.500 Forint für Bücher und den Rest des Geldes für Wohnung und Lebensmittel aus. Nach der Einführung des Studentenkredits meint 91 Prozent der StudentInnen im Jahre 2002, „Heutzutage ist es gut Student zu sein“. Sie halten die Kreditmöglichkeit für eine gute Lösung zur Finanzierung ihrer Studien. Ein Drittel der Befragten hat schon den Kredit aufgenommen und weitere 13 Prozent möchte es in der Zukunft in Anspruch nehmen.
Für einen Studentenjob gibt es in Szeged m.E. nicht sehr viele Möglichkeiten. Eine Arbeit, die mit dem studierten Fach zusammenhängt, ist nur selten finden. Allerdings gibt es verschiedene Firmen, deren Spezialität es ist, Studentenarbeitskraft zu vermitteln. Diese Arbeiten sind oft mit niedrigem Stundenlohn dotiert (auch die Vermittlungsarbeit soll bezahlt werden) und man muss sehr oft körperliche Arbeit in mehreren Schichten verrichten, z.B. Warenauspacken in Supermärkten. Die andere Arten von Jobs sind meistens nicht ständige Anstellungen. Dazu gehören administrative Tätigkeit und Verbreitung von Flugblättern.
Germanisten haben bessere Chancen. Sie können z.B. Sprachunterricht geben, der relativ gut bezahlt wird. Aber die Konkurrenz wird immer stärker, was den Stundenlohn verringert. Außerdem gibt es einige Aufträge für Übersetzungen in den Jobvermittlungsbüros, aber man kann diese Arbeiten oft eher nur mit der Hilfe von Bekanntschaften erwischen. Selten gibt es Aufträge fürs Dolmetschen, aber die Registrierten werden davon oft nur kurz vor der zu verrichtenden Arbeit benachrichtigt und man kann das vorgeplante Programm nicht immer ändern.
Die Studienbedingungen sind heute zwar viel besser als jemals zuvor. Man muss dafür aber auch größere Verantwortung tragen. Jeder muss sich selbst entscheiden, ob man sich die Chance zunutze macht oder nicht.

Internet:
Studentenkredit: www.diakhitel.hu
Studentenjob: www.melo-depo.hu