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Zeitung << 1/2003 << Germanistikstudium außerhalb Szegeds


Germanistikstudium außerhalb Szegeds
Das Leben der Germanisten in Debrecen, Pécs und Székesfehérvár

Autorin: Renáta Récsi

Ist das Germanistikstudium in Ungarn überall das gleiche? Wird überall dasselbe gelehrt und gelernt? Was bewegt einen jungen Menschen in Ungarn Germanistik zu studieren? Auf diese Fragen wollte ich Antworten bekommen von Studenten aus Debrecen, Pécs und Székesfehérvár.

Anna Ecsedi, studiert Germanistik an der Universität Debrecen, 2. Studienjahr
„Schon seit meiner Kindheit möchte ich Lehrerin werden. Fremdsprachen sind mir immer schon leicht gefallen, also entschied ich mich für das Fach Germanistik. Ich fühlte in mir eine große Berufung, Lehrerin an einem Gymnasium zu werden. Darum besuche ich jetzt die Universität Debrecen. Unser Studienplan ist fast vollständig vorgegeben. Wir haben in jedem Semester Pflichtkurse. Im ersten Jahr haben wir das Grundstudium zu absolvieren, wo schon viele in Linguistik durchfallen. Am Ende ist die Grundprüfung jedoch viel schwerer. Diese Prüfung besteht aus Grammatik, Linguistik und einem Aufsatz. Daneben gibt es noch die mündliche Prüfung. Ich habe schon jetzt Angst vor der komplexen Zwischenprüfung in Linguistik, Literatur und Übersetzung am Ende des vierten Semesters. Aber mich beruhigt das Wissen, dass ich weiß, dass ich auf meine Kommilitonen zählen kann. Wir helfen einander sehr viel, was für das Durchkommen im Semester auch notwendig ist. Seit dem letzten Jahr gibt es bei uns das Kreditsystem. Es ist von Vorteil, dass man dabei nicht durchfallen kann und von seinen Studien nicht suspendiert wird, es ist aber schlecht, dass man für die Kreditpunkte viele überflüssige Kurse belegen muss.“

Annamária Molnár, studiert Germanistik an der Universität Pécs, 2. Studienjahr
„Ich weiß noch nicht, was ich nach dem Abschluss machen möchte. Ich war im Gymnasium gut in Deutsch, darum meldete ich mich für das Fach Germanistik. Vielleicht werde ich später als Lehrerin arbeiten. Deshalb studiere ich auch Deutsch für das Lehramt. Im ersten Studienjahr mussten wir Pflichtkurse belegen, nur Termine und Dozenten konnten wir frei auswählen. Wir hatten neben Literatur und Sprachwissenschaft noch Sprachübung, Stilübung und Phonetik. Die Grundprüfung bestand aus einer ganz leichten Übersetzung, einem Aufsatz, einem grammatischen Test und aus einem Gespräch. Vor der Staatsprüfung haben wir noch zwei Zwischenprüfungen: eine in Linguistik, die andere in Literatur. Wir können selbst entscheiden, ob wir die Zwischenprüfung in Linguistik am Ende des 6. oder des 7. Semesters machen. Dazu müssen wir vorher drei Seminare und vier Vorlesungen belegt haben. Die Zwischenprüfung in Literatur ist im 7. oder im 8. Semester. Dazu können wir vorher beliebige Lehrveranstaltungen auswählen. Wir müssen aber mindestens je einen Kurs aus der deutschen Literatur von den Anfängen bis 1700, von 1700 bis 1900 und von 1900 bis zur Gegenwart belegen. Neben Literatur und Sprachgeschichte lernen wir auch Philosophie und Kulturgeschichte. Das Kreditsystem betrifft mich nicht mehr, worüber ich mich sehr freue. Ich bemitleide diejenigen, die zahlreiche oft für sie uninteressante Kurse belegen müssen, um genug Kreditpunkte zu bekommen. Ich habe viele Freunde, die Germanistik studieren, aber ich vermisse gemeinsame Programme. Zwar werden z.B. alle zwei Wochen Filmvorführungen organisiert, aber außerdem gibt es keine anderen Programme für Germanisten. Ich würde gerne z.B. Fachabende besuchen.“

Márk Vállaji, studiert Germanistik und Kommunikation an der Kodolányi-János-Hochschule in Székesfehérvár, 2. Studienjahr
„Ich schließe nicht aus, dass ich Lehrer werde, aber am liebsten möchte ich eine Stelle beim Fernsehen finden, z.B. als Sportreporter. Ein Diplom in einer Fremdsprache ist heutzutage sehr nützlich, besonders in Verbindung mit Kommunikation. Wie an den Hochschulen üblich, haben wir auch einen vorgegebenen Studienplan. Wir haben viele nützliche kreative, situative Kurse in Kommunikation auf Deutsch, die wir später sehr gut brauchen können. Unsere schwerste Prüfung war bisher die Kulturgeschichte im dritten Semester. Nur wenigen gelang es im ersten Anlauf. Außerdem haben wir Kurse in Sprachwissenschaft und Literatur, der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Entwicklung des Wortschatzes und auf Rollenspielen. Auch wir haben die Grundprüfung zu absolvieren: Aufsatz, Hörverstehen, Leseverstehen, Grammatik und noch den mündlichen Teil. Im letzten Jahr wurde bei uns das Kreditsystem eingeführt, das teilweise die Zusammensetzung der Gruppen veränderte. So habe ich die Möglichkeit, alle meine Kommilitonen kennen zu lernen. Wir verbringen viel Zeit zusammen, und nicht nur beim Studium, sondern auch bei kulturellen Programmen und auf Partys.“

Das Germanistikstudium in Ungarn ist mehr oder weniger ähnlich. Pflichtkurse gibt es überall, aber die Studenten in Debrecen müssen z.B. jährlich komplexe Zwischenprüfungen ablegen. Die Zwischenprüfung in Sprachwissenschaft und in Literatur ist dort nicht getrennt. In Pécs kann man dagegen frei wählen, wann man seine Zwischenprüfung ablegen möchte. Auch das Spektrum der angebotenen Seminare außerhalb der Linguistik und der Literatur ist dort ziemlich breit. Mehr Kurse zur Kulturgeschichte, Musik, zum Theater oder Film könnten auch unsere Möglichkeiten erhöhen, die Kenntnisse über die deutschsprachigen Länder zu erweitern. Die Einführung des Kreditsystems zeigt schon am Anfang seine Vor- und Nachteile.