Startseite | Impressum | Zeitung | Beiheft | Archiv nach Autoren | Archiv nach Rubriken








Zeitung << 2/2003 << Die Dürer-Ausstellung in Wien


Die Dürer-Ausstellung in Wien
Autorin: Anikó Lengyel

Die Albertina zählt zu den größten Grafik-Sammlungen der Welt. Unter den Meisterwerken befinden sich Arbeiten von Raffael, Michelangelo, Leonardo, Dürer, Rembrandt. Vom 5. September bis 8. Dezember 2003 widmete sie eine umfangreiche Ausstellung Albrecht Dürer, einem der berühmtesten deutschen Künstler. Als Anlass diente die Erinnerung an den 475. Todestag des Künstlers und zugleich die Wiedereröffnung der Albertina nach mehrjährigen Restaurierungs- und Erweiterungsarbeiten. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen, dachte sich Dr. Tünde Katona, wahrscheinlich schon deshalb nicht, da „Das Narrenschiff“ von Sebastian Brant eines der Themen ihres Seminars „Das Satirische im Zeitalter des Humanismus” war. Auf die Holzschnitte des Werkes hatte auch der junge Albrecht Dürer Einfluss genommen, denn er weilte während seiner Wanderjahre zwischen 1492 und 1494 auch in Basel. Also wurden einige Studenten und Dozenten zusammengetrommelt, die gerne einen halben Tag mit Dürer verbringen wollten.

Schon früh um neun Uhr wartete eine große Menge gespannt vor dem Eingang der Albertina. Als man dann um zehn die Tore öffnete, strömten alle Hals über Kopf in die Säle. Hier durfte man nicht unter Klaustrophobie leiden. In sechs großen Räumen wurden mehr als 200 Zeichnungen, Gemälde, Aquarelle und Druckgrafiken ausgestellt. Diese bestanden neben der eigenen Dürersammlung der Albertina – darunter u.a. Der Feldhase und Betende Hände – aus Leihgaben vieler internationaler Museen, darunter der National Gallery in London, der Uffizien in Florenz, des Metropolitan Museum in New York, des Louvre in Paris, der National Gallery in Washington, des Museo Thyssen-Bornemisza in Madrid, des Kupferstichkabinetts in Berlin, des Nationalmuseums in Lissabon oder des Kunsthistorischen Museums Wien. Auch das Museum der Schönen Künste in Budapest war vertreten mit dem Werk „Bildnis eines jungen Mannes“. Ein weiterer Zusammenhang mit Ungarn ist die Herkunft des Vaters von Dürer. Dürer der Ältere stammte von zu Goldschmieden gewordenen deutschen Bauern und Tierzüchtern ab, die nach Ungarn siedelten.
Innerhalb der Ausstellung gelangen seit Jahrhunderten von einander getrennte Paare wieder nebeneinander an die Wände. Zum Beispiel konnte das Frauenportrait des Deutschen Nationalmuseums, welches die Mutter des Künstlers darstellt, mit dem Portrait des Vaters aus den Florentiner Uffizien verglichen werden. Wie damals, bis 1600, in der Werkstatt des Künstlers. Genauso einzigartig ist die Parallele zwischen Studien und Skizzen aus dem Eigentum der Albertina und den endgültigen Ölgemälden, wie zum Beispiel im Falle des Werkes „Christus unter den Schriftgelehrten“ (aus Madrid), „Der Heilige Hieronymus“ (aus Lissabon) oder das „Portrait des Kaisers Maximilian I.“ (aus dem Kunsthistorischem Museum Wien).
Die Sammlung vereinte, in Epochen aufgeteilt, seine Werke aus der Zeit, in der er in Nürnberg tätig war, die Eindrücke von seinen Reisen nach Venedig und in den Niederlanden, und die Arbeiten, die er im Auftrag des Kaisers Maximilian I. schuf. Weitere wichtige Stationen der Ausstellung waren noch die Landschaftsaquarelle, das Selbstbildnis, die Zyklen zum Marienleben und die Passion Christi.
Im dritten Raum befand sich dann endlich ein Gegenstand, der zwar nicht mit Dürer im Zusammenhang stand, aber uns Besuchern wie ein lang ersehnter Tropfen Wasser in der Wüste vorkam. Eine Bank, natürlich jeder Millimeter besetzt. Aber es waren ja noch die Bilder da, die jede Müdigkeit in den Gliedern vergessen ließen. Der Ausgang führte natürlich durch den Laden der Albertina, wo man u.a. Bücher, Ansichtskarten, Puzzles, Briefbeschwerer kaufen und auch Bilder auf T-Shirts drucken lassen konnte.
Durch die Ausstellung bekam man einen außergewöhnlichen und umfangreichen Einblick in das Lebenswerk Dürers. Obwohl wir die zu Sebastian Brants Narrenschiff angefertigten Holzschnitte nicht in der Ausstellung sahen, war es trotzdem ein sehr interessantes Erlebnis, das man nicht jeden Tag bekommt. Dieser Ausflug sollte nicht der letzte gewesen sein. Ähnliche Ausflüge für Germanistikstudenten sollten regelmäßig stattfinden.