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Zeitung << 2/2003 << Universität vs. Pädagogische Hochschule in Szeged


Universität vs. Pädagogische Hochschule in Szeged
Erfahrungen einer Germanistikstudentin an beiden Institutionen

Autorin: Zsuzsanna Felvégi

An der Universität Szeged kann man an zwei Institutionen Germanistik studieren. Entweder am Institut für Germanistik der Philosophischen Fakultät oder am Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur der Gyula Juhász Pädagogischen Hochschulfakultät. Vor 2000 bildete die Pädagogische Hochschulfakultät eine eigene Hochschule, die Pädagogische Hochschule in Szeged. Im Folgenden wird dementsprechend zwischen Universität und Hochschule unterschieden, obwohl die Pädagogische Hochschulfakultät heute zur Universität gehört. Der unverzichtbare Unterschied zwischen Universität und Hochschule in Ungarn ist, dass man mit einem Universitätsdiplom auch im Gymnasium, wohingegen mit einem Hochschuldiplom grundsätzlich nur in einer Grundschule unterrichten darf. Dieser Unterschied besteht bis heute.

Atmosphäre an der Hochschule
Als ich mein Germanistikstudium an der Pädagogischen Hochschule in Szeged anfing, gab es noch kein Kreditsystem. Wir wurden in Gruppen eingeordnet. Wir waren die A7-5 (Englisch – Deutsch) Gruppe. Wir waren 24 in der Gruppe. Wir hatten alle Lehrveranstaltungen zusammen und keine Wahl, wann wir die vorgeschriebenen Vorlesungen oder Seminare besuchen sollten. Uns wurde der fertige Stundenplan gegeben. Dadurch wurden wir wirklich in eine Gruppe zusammengeschmiedet. Wir waren immer zusammen, kannten uns sehr gut, wir gingen zu Partys, hatten sehr viel Spaß zusammen. Als wir im dritten Jahrgang waren, wurde das Kreditsystem eingeführt. Das hat einige Dinge verändert: wir konnten die vorgeschriebenen Seminare, doch nicht die Vorlesungen, zu unterschiedlichen Zeitpunkten haben. Wir sahen uns an der Hochschule nicht jeden Tag, aber die, die früher Freunde waren, blieben auch später Freunde.

Meine Erfahrungen an der Universität
Nach diesem dritten Jahr begann ich das Universitätsaufbaustudium. Ich wurde den Leuten im vierten Jahrgang angeschlossen. Ich kannte kaum jemanden, als ich hierher kam. Ich hätte nie gedacht, dass es so schwer sein wird, neue Freunde zu finden. Die Studenten sind schon in Freundeskreisen, und sich diesen anzuschließen ist so gut wie unmöglich. Nach zwölf Wochen an der Universität kann ich schon einige Gesichter erkennen und in sehr wenigen Fällen weiß ich auch die Namen der gesehenen Personen. Ich sehe die Mehrheit der anderen Studenten nur einmal in der Woche, habe keine Chance sie wirklich kennen zu lernen. Hier an der Universität fühle ich mich wie ein Gespenst, wie ein Außenseiter. Die Hochschule ist im Vergleich zur Universität viel kleiner, aber meiner Meinung nach ist das kein Nachteil. Man fühlt dort mehr, dass man dorthin gehört. Es ist mehr wie eine große Familie. Der ganze Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur ist in demselben Gebäude, nicht geteilt wie die Lehrstühle des Instituts für Germanistik an der Uni. Die Lehrveranstaltungen finden in höchst zwei Gebäuden statt, die aber sehr nah einander sind. Man hat dort mehr Chance die anderen Germanistikstudenten zu treffen und kennen zu lernen.

Studium
Wenn wir die Curricula der zwei Bildungsanstalten vergleichen, sehen wir die Unterschiede sofort. An der Uni gibt es eine breitere Auswahl an Vorlesungen und Seminaren, aber sie sind nicht immer aufeinander bezogen. Zum Beispiel gibt es in der Literatur sehr viele überschauende und vertiefende Vorlesungen und Seminare, und es wird nur vorgeschrieben, wie viele man von denen belegen muss, aber nicht, in welcher Abfolge. Es hängt von den Studenten ab, ob sie die Vorlesungen und die Seminare so belegen, dass sie die deutsche Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart durchblicken können. An der Hochschule sind die Vorlesungen und die Seminare aufeinander bezogen, und man bekommt eine sehr detaillierte Übersicht über die deutsche Literatur. Zwar gibt es heute an der Hochschule schon das Kreditsystem, aber da sich diese Kurse aufeinander beziehen, kann man nicht viel variieren, in welchem Semester man die einzelnen Lehrveranstaltungen belegen möchte. Ansonsten werden die Vorbedingungen für einen anderen Kurs nicht rechtzeitig erfüllt. Die Studenten können eher aus den angegebenen Zeitpunkten wählen, als was sie in welchem Semester studieren sollten. An der Uni hat man mehr Freiheit, das zu studieren, was man will. An der Hochschule ist die Auswahl kleiner, aber man bekommt eine sehr gute Übersicht über das Gelernte.

Lehrer werden
Als ich mit dem Studium an der Pädagogischen Hochschule anfing, wollte ich nur die Sprache besser erlernen und auf keinen Fall Lehrerin werden. Aber im vierten Studienjahr hat der Pflichtunterricht meine Meinung verändert. Wir mussten Woche für Woche in eine Grundschule gehen und jemanden von uns beobachten, wie er oder sie unterrichtet. Alle mussten eine Woche lang unterrichten. Das ist nicht viel, zirka 6 Stunden, aber die Vorbereitung dauerte wirklich lang. Jede Woche war jemand anderer an der Reihe. Nach dem Abschlussunterricht sammelten wir uns in einem Raum und diskutierten über die Stunde. Wir besprachen die guten Ideen, Methoden und auch die negativen Aspekte des Unterrichts. Das war wirklich hilfreich. Wir mussten daneben auch individuell in eine Schule gehen und dort 15 Stunden unterrichten. Für mich war der Pflichtunterricht ein bedeutungsvolles Ereignis. Ich hätte nie gedacht, dass es so viel Spaß macht mit Kindern zu arbeiten. Es war wirklich leicht mit ihnen umzugehen. Seitdem möchte ich Lehrerin werden. Das ist auch der Grund, warum ich mein Studium an der Uni weiterführen wollte, weil ich mit einem Unidiplom auch in einem Gymnasium unterrichten darf. An der Universität ist auch der Pflichtunterricht anders. Hier gibt es keine Gruppenseminare, wo die Studenten besprechen können, was der andere während seines Unterrichts gut oder schlecht gemacht hat, sondern man muss individuell unterrichten. Die Studenten müssen 50 Stunden hospitieren und 15-20 Stunden unterrichten. Ich kann den Unterricht denjenigen, die eine Affinität in sich fühlen, Lehrer zu werden, wärmstens empfehlen.