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Zeitung << 2/2003 << Interview mit dem Gastdozenten Dr. Ingo Warnke


„Die Universität Szeged würde verdienen, dass man sie noch mehr unterstützt“
Interview mit dem Gastdozenten Dr. Ingo Warnke

Autorinnen: Szilvia Márton, Éva Vigyikán

Dr. Ingo Warnke, Gastdozent aus Kassel, hielt eine Vorlesung für Germanistikstudenten des dritten Studienabschnitts an der Universität Szeged vom 9. September bis 10. Oktober 2003. Der Titel der Vorlesung war „Neuere Sprachgeschichte des Deutschen“.

Worum ging es in dieser Vorlesung?
Wir versuchten den komplexen Gegenstand Sprachgeschichte des Deutschen einzugrenzen. Wir konnten in der Kürze der Zeit nicht alle Aspekte der deutschen Sprachgeschichte behandeln. Wir haben die früheren Zeiten nur kurz behandelt und auch auf die Spätmittelalter und auf die frühe Neuzeit konzentriert. Wir versuchten die Gegenwart dann noch zu beschreiben und anhand von sprachsystematischen Aspekten noch einmal zu analysieren, die wir auch an Beispieltexten analysiert haben. Wir haben auch sprachexterne Gesichtpunkte der Sprachgeschichte berücksichtigt, beispielsweise Kulturgeschichte, Mediengeschichte.

Gab es eine Prüfung am Ende der Vorlesung?
Ja. Soweit ich es richtig verstanden habe, gibt es zwei Möglichkeiten: man kann eine Klausur schreiben oder ein Kolloquium machen. Ich habe entschieden: Ein Kolloquium ist für diese Kürze der Veranstaltung sinnvoller. Es fand am 9.10.2003 statt.

Wie war das Interesse der Studenten an der Vorlesung?
Da müssten Sie die Studenten selbst fragen, aber nach dem, was ich beurteilen kann, liegt das eigentlich sehr gut. Den Studierenden hat es hoffentlich Freude gemacht. Das war eine kleine Gruppe, ich hatte eigentlich auf noch mehr Studierende gehofft, aber es liegt sicherlich daran, dass solche Kompaktveranstaltungen schwer in den Stundenplan integriert werden können. Mit dieser Gruppe konnten wir allerdings sehr intensiv arbeiten.

Die meisten Gastdozenten sagen, dass die ungarischen Studenten nicht so aktiv sind, wie die deutschen. Was sagen Sie dazu?
Das kann ich nicht bestätigen. Es ist mir noch nicht so aufgefallen. Es gibt sicherlich aktive deutsche Studenten und weniger aktive. In Deutschland ist es ja so, dass die Veranstaltungen sehr gut besucht sind, dass sie es mit einem sehr großem Stand zu tun haben im Seminar, und das lähmt dann auch die eigenen Initiativen etwas. Wenn Sie sich vorstellen können, unter 50 oder 100 Studenten ist es sehr schwer, auch eigene Initiative zu entwickeln. In einem kleineren Kreis ist es einfacher. Hier war ein kleinerer Kreis, so habe ich sehr positive Eindrücke, was die Aktivität angeht. Sicherlich ist es richtig, dass hier in Ungarn noch ein anderes Lernsystem vielleicht vorzufinden ist, und man in einer Vorlesung auch eher passiv ist, und dann die Dinge zu Hause nacharbeitet. Es ist dort etwas schwieriger als in einem Seminar darüber ins Gespräch zu kommen, aber ich hatte das Gefühl, dass man dann sehr schnell sich aufeinander zubewegen konnte. Das entwickelt die Studierenden, was die unterschiedliche Vermittlungsform angeht.

Womit beschäftigen Sie sich in Deutschland? Unterrichten Sie an der Uni in Kassel?
Ich unterrichte an verschiedenen Universitäten. Im Moment bin ich gar nicht mehr in Kassel, sondern an der Universität Bielefeld. Ich habe auch schon von anderen Universitäten Lehrangebote. Die Universität Kassel ist meine Heimatuniversität, könnte man sagen.

Wir haben viele Aufsätze und Publikationen auf ihrer Homepage gesehen. Arbeiten Sie jetzt an etwas?
Ja. Ich arbeite nicht nur an einer Sache, sondern an verschiedenen Aufsätzen. Was mir am wichtigsten ist, wozu ich aber leider gar nicht viel komme aus Gründen der Zeit, das ist ein Forschungsprojekt. Es nennt sich „Sprache der Menschenrechte in der Neuzeit“. Wenn ich Zeit habe, dann setze ich mich vor allem daran.

Waren Sie schon in Ungarn oder waren Sie jetzt zum ersten Mal bei uns?
Ich war vor zwanzig Jahren als junger Student einmal privat mit einem Freund in Ungarn. Das war eine relativ kurze Zeit. Jetzt bin ich seit fünf Wochen hier, in Szeged. Das war natürlich sehr intensiv und ich hatte ganz andere Eindrücke. Es gefällt mir hier sehr gut und dann kann ich auch meinen Dank ausdrücken, hier bei Ihnen sein zu dürfen. Sicherlich würde es die Universität verdienen, dass man sie, was z.B. ihre Räume angeht, noch mehr unterstützt: die Seminarräume, die Tafeln, Dinge, die noch etwas im Armen liegen. Sie werden sich hoffentlich in den nächsten Jahren verbessern. Das wünsche ich jedenfalls der Universität Szeged sehr. Die Atmosphäre hier an der Hochschule, die Zusammenarbeit mit den Kollegen und Kolleginnen gefällt mir ausgesprochen gut, und ich habe auch zu den Doktoranden und zu den Studierenden ein sehr angenehmes Verhältnis.

Waren Sie schon in anderen Ländern als Gastprofessor oder haben Sie solche Pläne in der Zukunft?
Ich war schon einmal als Gastdozent für kurze Zeit in Tschechien an der Universität Brno und dann aber insbesondere als Gastwissenschaftler im Ausland. Nicht als Dozent, sondern sozusagen als Forscher. Zwei längere Aufenthalte in Amerika in Washington und an der Harvard University. Jetzt war ich so viel unterwegs, dass ich mich darauf freue, erst mal wieder nach Deutschland zu kommen und dann an meinem Forschungsprojekt weiter zu arbeiten. Aber es kann sehr gut sein, dass ich im nächsten Jahr doch wieder gerne auch ins Ausland fahre und dort arbeite. Ich komme auch gerne einmal wieder zurück nach Szeged, um hier vielleicht einen Vortrag zu halten und mit den Kollegen ins Gespräch zu kommen.

Wir danken Ihnen für das angenehme Gespräch und wir hoffen, dass Sie gute Erfahrungen bekommen haben. Wir wünschen Ihnen eine gute Reise!
Ich danke Ihnen ganz herzlich. Das war ein ausgesprochen angenehmes Interview.