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Zeitung << 1/2004 << Eine Flötenspielerin als Germanistikstudentin


Eine Flötenspielerin als Germanistikstudentin
Klassische Musik: uncool?

Autorin: Annamária Széll

Die Germanistikstudentin Szilvia Gál hat sich seit ihrer Kindheit auf eine Musikerkarriere vorbereitet, doch nun studiert sie zusammen mit uns an der Uni Szeged Germanistik. Im folgenden Gespräch stellt sich heraus, wie sie zu dieser Entscheidung kam und ob sie mit dieser Entscheidung zufrieden ist.

Seit wann spielst du Flöte? Wo und aus welchem Anlass hast du angefangen Flöte zu spielen?
Ich habe als achtjähriges Kind angefangen Flöte zu spielen. Ich habe nicht mit der Blockflöte angefangen, sondern direkt mit der Flöte. Da ich eine Schule mit erweitertem Musikunterricht besucht habe, habe ich obligatorisch auch Blockflöte spielen müssen, also habe ich parallel die zwei Instrumente gelernt. Ich besuchte die Musikschule in Kiskunhalas, wo ich auch jetzt wohne. Ich wollte immer ein Instrument spielen können. Wenn ich die Übertragungen der Konzerte im Fernsehen gesehen habe, habe ich immer die Blockflöte nachgeahmt. Zuerst habe ich Geige ausprobiert, aber meine erste Geigenstunde war schrecklich. Ich verließ einfach das Zimmer und ging in ein anderes Zimmer, wo Flöte gespielt wurde. Von da an lernte ich Flöte.

Wer sind deine Lehrer, denen du dankbar bist?
Ich muss hier László Gregsa erwähnen, der hier in Szeged lehrt. Ich habe bei ihm Privatstunden gehabt. In der Fachmittelschule für Musik in Békéscsaba hat mich Eszter Alföldy-Boruss unterrichtet. Sowohl musikalisch als auch technisch war das sehr wichtig für mich bei ihr zu lernen. Sie bestimmte, wie ich heute Flöte spiele. Sie ist einer meiner größten Meister. Die zwei hervorragenden Künstler Imre Kovács und Iván Madarász übten auch einen großen Einfluss auf mich aus. Nach dem Abitur wollte ich unbedingt im Ausland studieren. Einerseits, weil es in Ungarn sehr wenige Plätze an der Akademie gab und ich nicht an einer Hochschule studieren wollte, andererseits wusste ich schon damals, dass es sehr wichtig ist Fremdsprachen zu lernen. So habe ich die Aufnahmeprüfung an der Musikakademie in Graz gemacht und bestanden (vgl. unseren vorigen Text „Zwei Jahre in Graz” – Red.). Hier gab es aber keine großen Persönlichkeiten, die meine musikalische Entwicklung positiv beeinflusst hätten. Ich habe dann an einem Sommerkurs in Wien teilgenommen, wo ich von Barbara Gisler-Haase sehr viel gelernt habe. Ich habe darüber nachgedacht bei ihr weiterzulernen, aber ich habe nach diesen zwei Jahren in Graz keine Lust mehr gehabt, mich als Studentin mit der Musik weiter zu beschäftigen.

Wie kamst du denn auf die Idee, an der Universität Germanistik zu studieren?
Neben der Musik schwärmte ich immer für die Literatur. Als ich von Graz nach Hause kam, entschied ich mich für das Germanistikstudium. Das war eine sehr gute Entscheidung. Seitdem ich an der Uni studiere, bin ich sehr ausgeglichen. Ich habe hier neue Vorbilder gefunden wie Frau Dr. Márta Baróti Gaál, Dr. Attila Bombitz und Dr. Vilmos Ágel. Ich habe von ihnen sehr viel gelernt.

Die Musik ist aber bei dir nicht nur eine Freizeitbeschäftigung geblieben.
Ja, ich unterrichtete Flöte an der Musikschule von Soltvadkert und Kiskunhalas. Die Musik ist also für mich immer noch mehr als ein Hobby, es ist schon Arbeit. Ich muss immer kreativ und innovativ sein und es gibt immer neue Aufgaben und Herausforderungen, die ich bewältigen muss.

Du hast auch an mehreren Wettbewerben mit guten Ergebnissen teilgenommen. Wie lange ist die Vorbereitungsphase für einen Wettbewerb?
Ich bin sehr stolz auf das Ergebnis des internationalen Kammermusikwettbewerbes 1995 in Balassagyarmat, wo wir zu viert den ersten Platz gewonnen haben. 1999 habe ich den ersten Preis im Wettbewerb für moderne Musik in Balassagyarmat gewonnen. Dort habe ich ein Stück von József Sáry gespielt. 2001 habe ich diesen Wettbewerb wiederum gewonnen, in diesem Jahr habe ich ein Musikstück von Dénes Legány gespielt. 2002 sendete auch das Radio Bartók diesen Wettbewerb und auch in diesem Jahr war ich die Erste mit dem Stück von Iván Madarász. Im Jahre 2002 und 2003 habe ich den Musikwettbewerb der Universität gewonnen. Meine Begleiterin am Klavier war Villõ Pethõ. Wir arbeiten oft zusammen. Ich rechne es mir immer zur Ehre an, wenn ich mit ihr arbeiten kann. Die Vorbereitungsphase für einen Wettbewerb ist ziemlich lang, meistens ein halbes Jahr. Vor einem größeren Ereignis muss ich mindestens 2,5 Stunden pro Tag üben. Ich kann neben der Uni entweder frühmorgens oder spätabends im Kellergeschoss des Studentenwohnheims üben.

Was für eine Flöte hast du?
Ich habe ein japanisches Instrument, eine silberne Miramatsu mit offenen Klappen. Dieses Instrument habe ich in Wien gekauft. Im Geschäft habe ich stundenlang nach dem geeigneten Mundstück gesucht. Ich habe zum Glück gut gewählt. Es ist ein sehr gutes Instrument.

Von welchen Komponisten spielst du Werke? Welche Komponisten hörst du gern?
Ich liebe die Impressionisten und Expressionisten sehr. Diese Werke haben einen ungezwungenen Stil und eine seltsame Stimmung und sind überdies sehr feminin. Sie sind aber sehr schwer zu spielen und man muss sehr viel an diesen Stücken arbeiten. Ich habe eine Vorliebe für die modernen Stücke und für die Komponisten seit der Jahrhundertwende. Meine Lieblingskomponisten sind Milhaud, Fauret, Debussy, Satie, Honegger, Gaubert, eigentlich die französischen Expressionisten. Ich bin aber ein Allesfresser, ich höre mir alle Arten von klassischer Musik gern an.

Lernst du die Werke auswendig?
Die modernen Werke kann man einfach nicht auswendig lernen. Es gibt so viele Markierungen in den Noten, dass es unmöglich ist, diese Werke auswendig zu lernen. Es wird nicht einmal von den großen Künstlern erwartet, die modernen Werke auswendig zu spielen.

Spielst du in einem Orchester?
Nein. Ich hatte das nie gern, in einem Orchester zu spielen. Weder meine Persönlichkeit noch meine Stimme passen zu einem Orchester. In einem Orchester zu spielen erfordert eine ganz andere Kenntnis und Stimme.

Wer ist oder wer sind deine Vorbilder?
Meine Vorbilder sind Berthold Kuijiken, Imre Kovács, István Matuz und Eszter Alföldy-Boruss.

Was denkst du, wie könnte man die klassische Musik bei den Jugendlichen ein bisschen populärer machen?
Es ist nicht trendy oder modisch unter den Jugendlichen klassische Musik zu hören. Ich denke, unter ihnen ist es eher uncool. Es hängt von der Mentalität oder von der persönlichen Einstellung ab, ob man sich klassische Musik anhört oder nicht. Es gibt keine Lösung dafür, denke ich, die klassische Musik populärer zu machen.