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Zeitung << 1/2004 << Sprachgeschichte macht Spaß


Sprachgeschichte macht Spaß
Seminar für Germanisten

Autorin: Szilvia Márton

Bei der Kursbelegung suchte ich zunächst verzweifelt nach linguistischen Seminaren. Bei fast allen war schon die maximale Teilnehmerzahl erreicht, und bei den übrigen passten die Zeitpunkte nicht in meinen Stundenplan. Als ich schon das Suchen aufgeben wollte, fand ich plötzlich das Seminar Einführung in die deutsche Sprachgeschichte, in dem es noch einen einzigen Platz gab. Das Thema des Kurses war mir schon bekannt. Ich hatte vorher die Vorlesung „Einführung in die deutsche Sprachgeschichte“ besucht. So hoffte ich, dass ich das Gelernte von der Vorlesung in diesem Seminar verwenden kann. Die Dozentin, Orsolya Rauzs kannte ich auch. Ich hatte bei ihr schon eine Sprachübung. Ich mochte ihre Stunden sehr, sie waren immer spielerisch und interessant.

In der ersten Sitzung teilte Frau Rauzs ein Handout aus, auf dem die Thematik des Seminars, die Pflichtliteratur (Schmidt: Geschichte der deutschen Sprache; Stedje: Deutsche Sprache gestern und heute), die Bewertung und die Zeitpunkte der Klausuren standen. In dem ersten Seminar fingen wir mit Sprachtypologie an. Bei der typologischen Klassifizierung unterschieden wir isolierende, flektierende, agglutinierende und inkorporierende/polysynthetische Sprachen. Wir klassifizierten die Sprachen auch nach dem Grad der Synthese bei der Formenbildung. Es gibt analytische und synthetische Formenbildung. Die dritte Klassifizierung war die genealogische/genetische Klassifizierung. Hier zählten wir die Faktoren auf, aufgrund derer die Verwandtschaft von Sprachen festgestellt werden kann. Nach einem kleinen Vergleich beschäftigten wir uns mit dem Indoeuropäischen. Unsere Aufgabe war es, auf einer Karte die indoeuropäischen Sprachen und Sprachgruppen zu finden. Danach kamen die Theorien über die Herausbildung bzw. Gliederung der indoeuropäischen Sprachen. Wir lernten die Kentum- und Satemsprachen, die Stammbaumtheorie von August Schleicher und die Wellentheorie und Substrattheorie. Bei der indoeuropäischen Grundsprache betrachteten wir das Lautsystem, den Akzent, das Flexionssystem und den Erbwortschatz. Danach war das Germanische an der Reihe. Nach den Quellen und sprachlichen Veränderungen beschäftigten wir uns mit der ersten (germanischen) Lautverschiebung, mit dem Vernerschen Gesetz, mit dem Akzentwandel, mit der Vereinfachung des Endungssystems, mit der Herausbildung der schwachen Verben und der Systematisierung des Ablauts, mit dem gemeinsamen Wortschatz und mit den Entlehnungen im Germanischen. Nach den Stammesdialekten und nach der Periodisierung der deutschen Sprachgeschichte betrachteten wir, was das Wort deutsch in den verschiedenen Entwicklungsstufen bedeutet. Dann beschäftigten wir uns mit den Charakteristika des Althochdeutschen. Dabei lernten wir die zweite (althochdeutsche) Lautverschiebung, den Primärumlaut, die Veränderungen im Wortschatz, das Erscheinen von analytischen Sprachformen und weitere Lautveränderungen. Danach kam das Mittelhochdeutsche. Hier wurde der historisch-soziale Hintergrund, die Ausdehnung des deutschen Sprachgebiets, die Mundarten und einige sprachliche Neuerungen wie Sekundärumlaut, Auslautverhärtung, Veränderungen im Wortschatz untersucht. Frau Rauzs erzählte uns kurz über das Mittelniederdeutsche, über die Charakteristika, Mundarten. Das Frühneuhochdeutsche wurde von den Sprachen der Städte, von überregionalen Schriftsprachen, von der Erfindung des Buchdrucks, von Luther und von Sprachgesellschaften geprägt. Das letzte Thema war schließlich das Neuhochdeutsch.
Während des Semesters schrieben wir zwei Klausuren. Wir konnten uns leicht auf sie vorbereiten. In jeder Stunde teilte Frau Rauzs ein Handout zu jedem Thema aus, sie waren sehr ausführlich und in den Klausuren wurde nur das abgefragt, was auf den Handouts stand. Zu allen sprachlichen Phänomenen waren viele Beispiele angegeben, so war es für uns leichter zu verstehen, was wir in der Literatur schon gelesen haben. Wir machten eine Menge Aufgaben und konnten auch extra Punkte für die gut gelungenen Aufgaben bekommen. Ich freue mich, dass ich dieses Seminar besuchen konnte. Es machte mir sehr viel Spaß und daneben erfuhr ich auch sehr viel von der deutschen Sprachgeschichte.