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Zeitung << 1/2004 << Kontakte zwischen Novi Sad und Szeged


Kontakte zwischen Novi Sad und Szeged
Gespräch mit einer Germanistikstudentin in Novi Sad

Autorin: Katalin Lackó

Zwei Universitäten in Serbien bilden Deutschlehrer aus. An der Philologischen Fakultät in Belgrad und an der Philosophischen Fakultät in Novi Sad gibt es Lehrstühle für Germanistik. An diesen Universitäten gibt es etwa 500 Studierende (90% davon Frauen). Novi Sad ist eine junge Stadt mit 299294 Einwohnern, davon sind 15687 Ungarn (5,24%). Der Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur in Novi Sad wurde im Jahre 1954 gegründet und gehört zu den fünf ältesten Lehrstühlen an der Philosophischen Fakultät. Ich bat eine Studentin aus Novi Sad, Diana Bolgár, uns ihre Erlebnisse und Erfahrungen mitzuteilen, die sie während ihres Aufenthalts in Novi Sad sammelte. Diana studiert seit drei Jahren Germanistik an der Philosophischen Fakultät in Novi Sad.

Wie viele Germanistikstudenten gibt es in dieser Stadt?
Zu jedem Studienjahr gehören 60 Studenten, es gibt insgesamt ungefähr 240, weil das Studium bei uns vier Jahre lang dauert.

Soviel ich weiß, müssen die Studenten zuerst eine Zulassungsprüfung ablegen. Das Studium umfasst zwei Zweige der Germanistik: Die deutsche Sprachwissenschaft und die deutsche Literaturwissenschaft.
Ja, es gibt diese zwei Hauptfächer. Die Lehrveranstaltungen bestehen aus Vorlesungen, Seminaren und verschiedenen praktischen Übungen. Vorlesungen in den Hauptfächern haben wir einmal pro Woche. Sowohl die Vorlesungen als auch die praktischen Übungen dauern überwiegend anderthalb Stunden, die Seminare dagegen nur 45 Minuten.

Bei den Prüfungen gibt es Kolloquien sowie mündliche und schriftliche Prüfungen. Was ist der Unterschied zwischen diesen Prüfungen?
Jährlich haben wir fünfmal die Möglichkeit Prüfungen abzulegen: im Januar, im April, im Juni, im September und im Oktober. Im Falle einiger Fächer sind nur mündliche Prüfungen nötig, bei anderen geht ein Kolloquium voraus und erst danach kann man eine mündliche Prüfung ablegen. Auch diese Kolloquien sehen verschieden aus. Es gibt ein Kolloquium, das nur aus einer mündlichen Prüfung besteht, ein anderes Kolloquium beinhaltet aber sowohl mündliche als auch schriftliche Aufgaben. Erst wenn ein Student dieses Kolloquium gut bestanden hat, kann er die Prüfung ablegen. Diese Kolloquien bedeuten bei uns also eine Voraussetzung für die größeren Prüfungen. Die schriftliche Prüfung besteht meistens aus einem Test. Im Falle der mündlichen Prüfung, z.B. Grammatik, muss man vor der Prüfungsbehörde die Übersetzungstechnik und die Sprachfähigkeit präsentieren.

In der Literaturwissenschaft bekommen die Studierenden einen generellen Überblick über die deutsche Literaturgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart, und in den höheren Semestern habt ihr Spezialkurse zu ausgewählten Themen. Wie viele Übungen habt ihr und wie sehen sie aus?
Praktika gibt es sowohl in Grammatik als auch in Literatur. In Literatur haben wir wöchentlich anderthalb Stunden Praktika und Seminare. Hier werden verschiedene literarische Werke analysiert, in den Seminarstunden werden Referate vorgetragen. Die Grammatikstunden bestehen aus mehreren Übungen: aus Übersetzungsaufgaben, bei denen Texte aus dem Deutschem ins Ungarische und aus dem Serbischen ins Deutsche übersetzt werden, aus schriftlichem Ausdruck, wo wir uns mit dem Schreiben beschäftigen, aus grammatischen Übungsstunden und aus Sprachübungen, die von deutschen Lektoren gehalten werden. Diese Übungsstunden werden einmal pro Woche gehalten.

Wie verlaufen die Prüfungen bei euch?
In Literatur und in Grammatik gibt es jedes Jahr eine große Prüfung. Diese zwei sind jedes Jahr die größten und wichtigsten Prüfungen. Bei den Literaturprüfungen bekommen wir zwei theoretische Fragen und eine dritte Frage zu den von uns während des Jahres analysierten 30 Büchern. In der Grammatik bekommt jeder eine Übersetzung, eine theoretische Frage und es gibt auch Konversation. Als Verpflichtung außerhalb der Prüfungen wäre noch die Seminararbeit über einen der jährlich 30 gelesenen Texte anzuführen.

Vom Ende der fünfziger bis zum Anfang der neunziger Jahre entfalteten sich vielseitige Beziehungen zu Deutschland, vor allem mit den Universitäten in Halle und Regensburg und Österreich. Es gab viele Gastvorträge und Besuche. Ebenfalls gab es alle vier Jahre Treffen jugoslawischer und österreichischer Germanisten. 1992 wurden diese Kontakte wegen der UNO-Sanktionen abgebrochen. Wie sieht die Lage nach der Aufhebung der Sanktionen, seit 1995 aus?
Wir bekommen jährlich oder in jedem zweiten Jahr Gastprofessoren aus Regensburg. Sie halten Vorlesungen und Praktika für uns. In den ersten zwei Jahren sind die Vorlesungen noch auf Serbisch, ab dem dritten Jahr wird aber alles auf Deutsch gehalten. Natürlich wäre alles effektiver, besser, wenn die Sanktionen nie da gewesen wären. Es hatte sehr viele Nachteile, wir blieben fast allein, aber ich glaube, dass wir uns bemühen, solche Auslandskontakte weiter zu pflegen. Auch mit der Universität Szeged haben wir auf Dozentenebene gute Kontakte. Frau Prof. Pavica Mrazovic, die bis 1985 an der Universität Novi Sad unterrichtet hatte, arbeitete zum Beispiel auch jahrelang, zwischen 1992 und 1999, am Institut für Germanistik der Universität Szeged.

Was für Möglichkeiten habt ihr, um an einer deutschen Universität zu studieren?
Mit einem Stipendium kann man ein Semester lang an einer deutschen Universität studieren. Zwei Kommilitonen von mir kamen gerade jetzt aus Deutschland nach Hause. Meine Freundin war in Rostock. Bei der Bewerbung um ein Stipendium haben oft nur Studenten mit sehr guten Noten eine Chance.

Habt ihr auch andere Veranstaltungen? Gibt es bei euch auch eine Studentenzeitung?
Wöchentlich haben wir einen Stammtisch, wo wir uns unterhalten können. So eine echte Zeitung würde ich es nicht nennen, aber wir haben eine kleinere Zeitung: „HIER”, die wöchentlich erscheint und die wichtigsten Informationen, die uns betreffen, beinhaltet, z.B. wann der Stammtisch stattfindet und sie berichtet über neue Professoren und andere Ereignisse.

Bist du mit diesem Fach zufrieden?
Ja, ich bin damit zufrieden und ich hoffe, dass sich auch die studentischen Kontakte zwischen diesen beiden Universitäten in der Zukunft verstärken und vertiefen werden, damit wir uns kennen lernen. Ich würde auch gerne versuchen, ein Semester lang in Szeged zu studieren.

Ich danke dir herzlich für das Gespräch und wünsche dir viel Erfolg beim weiteren Studium!