Startseite | Impressum | Zeitung | Beiheft | Archiv nach Autoren | Archiv nach Rubriken








Zeitung << 2/2004 << „Die Welt muss romantisiert werden.“


„Die Welt muss romantisiert werden.“
Eine literarische Reise im Novalis-Seminar von Frau Dr. Márta Baróti-Gaál

Autorin: Szilvia Gál

Wenn Germanisten in Szeged den Namen des Romantik-Riesen Novalis hören, fällt ihnen oft der Name einer der beliebtesten Dozentinnen, Frau Dr. Márta Baróti-Gaál ein. Sie ist eine Spezialistin für Novalis und besonders für sein Hauptwerk „Heinrich von Ofterdingen“. Im Allgemeinen nennt man sie eine besessene „Blaue Blume“-Forscherin. Die Epoche der Romantik und insbesondere Novalis ist einer der wichtigsten und schwierigsten Teile unserer Zwischenprüfung, vor allem wenn man dieses Thema eben bei Frau Baróti bekommt: Sie kennt dabei nämlich kein Pardon. Auch aus diesem Grund ist es nützlich, bei ihr Kurse zu belegen. Wenn man die Welt der Romantik durch ihre Persönlichkeit kennen lernt, sieht man die Romantik nicht mehr als chaotisch, undurchsichtig oder im schlechteren Falle blöd, sondern als ein immer wieder zu entdeckendes, wundersames, breites Universum. Vor zwei Jahren habe ich die Vorlesung „Romantik“ von Frau Baróti besucht und die Vorlesung hat mir so gut gefallen, dass ich mich sofort entschieden habe, auch an einem Seminar von ihr teilzunehmen. Würde jemand zufällig denken, dass es sich in diesem Seminar ausschließlich um den Roman Heinrich von Ofterdingen dreht, dann irrt er sich. In der überwiegenden Mehrheit der Werke wie „Blüthenstaub Fragmente“, „Fichtes Studium“, „Glaube und Liebe“, „Monolog“, „Vorarbeiten“, „Dialoge“, „Das allgemeine Brouillon“ und die „Christenheit oder Europa“ beschäftigt sich Novalis mit ethischen, ästhetischen, philosophischen, religiösen Fragen und naturwissenschaftlichen Problemen, die immer aktualisiert und modernisiert werden können. Obwohl dieses Seminar keine philosophischen Vorkenntnisse erfordert, hatte ich gewisse Schwierigkeiten seinem dichten Gedankengang zu folgen, besonders ohne die tiefe Kenntnis der Schriften der Philosophen Fichte und Kant, die einen eindeutigen und wichtigen Einfluss auf die Gedanken und Schriften von Novalis hatten. Im Seminar hatten wir die Aufgabe, im Spiegel der Werke von Novalis eigene und selbständige Gedanken möglichst mit dem höchsten Anspruch zu bilden und zu formulieren oder gewisse Zusammenhänge zwischen den Werken zu beleuchten. Alle Ideen und Fragen, die wir uns Woche für Woche zusammenstellten, zeigten bei der Analyse der Werke wie eine Windrose in hundert Richtungen. Aber Frau Baróti konnte auf alle unsere Fragen mit der von ihr gewohnten Freude und Ruhe antworten, und sie tat es so, als ob sie selbst bei der Entstehung des Gedankenkerns von Novalis dabei gewesen wäre. Die Atmosphäre ihrer Lehrveranstaltungen kann nicht mit anderen verwechselt werden. Ihr Stil, ihre Persönlichkeit sind mitreißend, das Niveau, das sie vertritt und das Wissen, das sie beherrscht, sind beneidenswert. Mit ihrer Hilfe kann man eine Reise in die Tiefe der Werke machen, die viel interessanter ist und mehr Neuigkeiten bietet, als alle von uns als neu angesehenen Entdeckungen der Wirklichkeit. Dieses Seminar und die Seminarleiterin haben einen tiefen Eindruck auf mich gemacht, den ich sicher nie vergessen werde.