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Zeitung << 2/2004 << Theodor Fontane: Effi Briest


Theodor Fontane: Effi Briest
Lektüre zur Zwischenprüfung

Autorin: Nikoletta Ferenczi

Schon nach der Grundprüfung wartet man sehr aufgeregt und ängstlich auf die Zwischenprüfungen. Werden sie gelingen oder nicht? Die Zwischenprüfung in Literatur ist ein bisschen schwerer als die in Linguistik, weil sie sowohl einen schriftlichen als auch einen mündlichen Teil umfasst. Als Vorbereitung auf den mündlichen Teil muss man zirka 60-70 Bücher lesen. Unter diesen Büchern findet man aber bestimmt auch viele, die man wirklich gern liest. Mein Lieblingsbuch war ein Roman: Effi Briest von Theodor Fontane. Dieses Buch konnte ich nicht weglegen, obwohl es sehr lang ist: zirka 400 Seiten. Am Ende ist es sehr traurig, aber schön. Dieses Buch ist ein Liebesroman. Besonders empfehle ich es Mädchen, obwohl es auch Burschen zur Prüfung lesen müssen.

Der Roman spielt teilweise in Berlin, aber wir können auch Fontanes ausländische Erlebnisse kennen lernen, weil Effi in der Geschichte mit ihrem Ehemann Baron von Instetten sehr viel reist. Am Anfang des Romans stellt Fontane die Hauptfiguren vor: die siebzehn Jahre alte Effi, ihre Eltern und ihren späteren Ehemann Instetten, der 38 Jahre alt ist. Effi ist also noch sehr jung, aber Instetten will sie unbedingt heiraten. Effi kann nichts dagegen machen. Sie soll mit dem Baron nach Kessin fahren. Nach einigen Monaten verliebt sich Effi und bekommt auch ein Baby. Am Anfang ist alles in Ordnung, aber für ein 17-jähriges Mädchen ist das Leben in einer Kleinstadt wie Kessin sehr langweilig. So befreundet sie sich mit Crampas, einem Major, und sie machen gemeinsame Unternehmungen, Spaziergänge, Ausritte, während ihr Mann Instetten arbeitet. Crampas wird Effis Liebhaber, aber es stellt sich erst heraus, als Effi mit ihrer Familie nach Berlin zieht. In Berlin findet nämlich Instetten die Briefe, die Crampas an Effi schrieb. Zwischen dem Briefwechsel und seiner Entdeckung liegen ungefähr sieben Jahre. Wenn also der Baron von Instetten den Liebhaber zum Duell fordert, dann ist diese Reaktion nicht mehr individuell, menschlich, sondern eher gesellschaftlich motiviert. Der betrogene Ehemann erschießt den Liebhaber im Duell und die zum passiven Objekt erniedrigte Frau geht an den Folgen ihres Fehltritts zugrunde. Nach diesem Duell bleibt Effi ganz allein in London. Sie darf ihren Mann und ihr Kind nie mehr besuchen. Sie lebt jahrelang allein und wird immer kranker. Am Ende kann sie nicht mehr in Berlin bleiben, so fährt sie nach Hause zu ihren Eltern, wo sie stirbt.
Die Eltern von Effi spielen eine sehr wichtige Rolle im Roman. Sie verkörpern die echte Liebenswürdigkeit der Eltern und sie helfen Effi immer, auch nach ihrer Untreue. Hintergrundfigur im Roman ist Bismarck, der den stofflichen Zeitbezug herstellt und damit zur gesellschaftlichen Verallgemeinerung des privaten Einzelfalls beiträgt. Drehpunkt für die ganze Geschichte ist die Spukgestalt des toten Chinesen, der im landrätlichen Hause in Kessin immer dann herumzugeistern scheint, wenn sich Effi allein darin aufhält. Das wird von Instetten inszeniert, um Effi während seiner gesellschaftlich bedingten Abwesenheit „in Ordnung zu halten“, in einer Ordnung, welche die Voraussetzung für seine Karriere bildet. Er steht im Mittelpunkt eines zwischen den Gesprächen dicht gespannten Bezugsnetzes aus Symbolen und Motiven, die der aufmerksame Leser allesamt als Anspielungen auf die Geschehnisse um Effi durchschauen kann.
Diesen Roman kann man sehr leicht lesen und verstehen, währenddessen die Phantasie des Lesers Höhenflüge erleben kann. Jeder Leser kann die Lage von Effi weiterdenken. Es ist eine alltägliche Liebesgeschichte, deren Anlass zu einem Duell mit tödlichem Ausgang wird. Dieses Buch ist sehr zu empfehlen, nicht nur für die Zwischenprüfung.

Theodor Fontane war „Chronist und wesentlicher Mitgestalter der realistischen Epoche“. Er wurde am 30. Dezember 1819 in Neuruppin in einer Hugenottenfamilie geboren und starb am 20. September 1898 in Berlin. In seinen fast achtzig Lebensjahren hat er insgesamt siebzehn Romane und Erzählungen vollendet. Er hat den modernen Roman für Deutschland erfunden. Er mochte besonders den Gesellschaftsroman. Fast alle seine Romane hat er in dieser Gattung geschrieben. Fontanes dichterisches Interesse erwach nicht sehr früh, erst 1859, als er Mitarbeiter bei der Zeitung „Neuer Preußischer Kreuz“ war. Fontane wollte in seinem ganzen Leben fremde Kulturen kennen lernen, um seinen Horizont zu erweitern, deshalb fuhr er mehrmals nach Schottland, nach Frankreich und nach Italien. Nach diesen Reisen schrieb er seine Romane und Erzählungen. Die wichtigsten waren: „Vor dem Sturm“, „Die Poggenpuhls“, „Mathild Möring“ und „Gartenlaube“. Im Jahre 1883 schrieb er „Schach von Wuthenow“, die der Gipfelpunkt der deutschen historischen Erzählung wurde. Fontane ist darin der härteste Ankläger der ausgehöhlten Konvention und Tradition, der Moralgesetze des Preußentums. Am Ende seines Lebens, im Jahre 1895 schrieb er seinen größten Gesellschaftsroman „Effi Briest“. Fontanes Romane, wie auch „Effi Briest“, konstatieren die menschlichen Schwächen und sie enthüllen, wie eng die Grenzen um den Einzelnen gezogen sind.