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Zeitung << 2/2004 << Das weite Spektrum der ungarischen Literatur


Das weite Spektrum der ungarischen Literatur
Der Schriftsteller Péter Esterházy bekam 2004 den begehrten Friedenspreis

Autorin: Szilvia Gál

Es kann sicher kein Zufall sein, dass die ungarischen Schriftsteller Jahr für Jahr im Ausland mit den größten Preisen ausgezeichnet werden. Die Literatur von Péter Esterházy und damit auch wieder die ungarische Literatur selbst wurden mit dem Friedenspreis des Börsevereins des deutschen Buchhandels anerkannt und ausgezeichnet.

Seit Jahren stehen die ungarische Literatur und die ungarischen Schriftsteller im Mittelpunkt des Interesses der Deutschen und anderer europäischer Nationen, aber zurzeit kann – vielleicht seit der Frankfurter Buchmesse ‘99 – über eine Expansion der ungarischen Literatur in Europa gesprochen werden. Ungarische Autoren wie Imre Kertész, Péter Esterházy, Péter Nádas und der Szegediner László Darvasi bekamen eine Reihe von internationalen Preisen und Auszeichnungen.
Der vor mehr als 50 Jahren gegründete Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ist eine der bedeutendsten Anerkennungen in Deutschland. Wenn man die Liste der mit dem Friedenspreis Ausgezeichneten sieht, kann man die Namen berühmter Persönlichkeiten finden wie Albert Schweitzer, Hermann Hesse, Yehudi Menuhin, Vaclav Hável, Jürgen Habermas oder im vergangenen Jahr Susan Sonntag. Esterházy ist aber nicht der erste mit dieser Auszeichnung geehrte ungarische Autor. Im Jahre 1991 wurde ein anderer ungarischer Schriftsteller, György Konrád, ausgezeichnet. Den Friedenspreis können Personen (bisher Schriftsteller, Philosophen, Wissenschaftler, Politiker) enthalten, die mit ihrer Tätigkeit zur Verwirklichung des Friedensgedankens beisteuern.
Der Stiftungsrat des Deutschen Buchhandels fällte seine Entscheidung 2004 für Esterházy, weil er „eine weithin vernehmbare Stimme der Nachgeborenen, die Zerstörung des Menschen durch Terror und Gewalt und seine Wiederauferstehung in Trauer und dazugehörige Ironie gestaltet. In ‚Harmonia Caelestis’ und der dazugehörigen ‚Verbesserten Ausgabe’ hat er die Last der Wahrheit auf sich genommen“. Péter Esterházy gilt nicht nur in unserer Heimat als Erneuerer der ungarischen Literatur. Sein als „Opus Magnum“ bezeichneter Roman, die Familienchronik „Harmonia Caelestis“, die 2000 in Ungarn und 2001 in Deutschland in der Übertragung von Terezia Mora erschien, brachte ihm gleichzeitig in beiden Ländern den Erfolg. In Ungarn führte dieser Roman monatelang die Bestsellerlisten an. Er wurde infolgedessen neben dem Sándor Márai-Preis auch mit dem Ungarischen Literaturpreis ausgezeichnet. In diesem Roman, der als sein Hauptwerk aufgefasst wird, beschäftigt sich Esterházy mit der Geschichte seiner Familie. Er verarbeitete dieses Thema aber mit „postmodernen“ Methoden.
Die Laudatio des Preises auf Esterházy wurde von dem Herausgeber der Wochenzeitung „Die Zeit“ und dem früheren Staatsminister für Kultur, Michael Naumann gehalten. In seiner Rede betonte er, dass die Hauptthemen der Werke von Esterházy die Zeit und die Geschichte seien, die sich besonders im Roman „Harmonia Caelestis“ widerspiegelten. Wie Naumann meinte, Esterházy sei zu allem fähig, aber nicht der Lüge. „Es ist elend schwer zu lügen, wenn man die Wahrheit nicht kennt.“, zitierte der Laudator das Opus Magnum, den ersten Satz des Romans. Esterházy trägt die Wahrheit, meint er, wenn er über die Vergangenheit seines Vaters Mátyás Esterházy, der jahrzehntelang für den ungarischen Geheimdienst arbeitete, nicht schweigt. Sogar mit der Veröffentlichung seines Buchs „Verbesserte Ausgabe“ (2003), in dem es um die Geheimdienstberichte seines Vaters geht, verhinderte er den „letzten und womöglich größten Sieg des kommunistischen Ungarns über die Freiheit der Dichtung.“ Der mit 15 000 Euro dotierte Preis wurde dem ungarischen Schriftsteller während der Frankfurter Buchmesse am 10. Oktober 2004 in der Paulskirche in Frankfurt verliehen. Esterházys Werke funkeln als glänzende Sterne weiter am Firmament der deutschen Literatur. In Deutschland erschien in diesem Jahr bei dem Verlag Suhrkamp wieder ein Roman von ihm: „Hilfsverben des Herzens“ in der Übersetzung von Hans-Henning Paetzke.