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Zeitung << 2/2004 << Der Untergang


Der Untergang
Hitler und das Ende des Dritten Reiches

Autorin: Anita Szalai

Produzent und Drehbuch: Bernd Eichinger; Regie: Oliver Hirschbiegel; Hauptdarsteller: Bruno Ganz (Adolf Hitler), Alexandra Maria Lara (Traudl Junge), Juliane Köhler (Eva Braun), Corinna Harfouch (Magda Goebbels), Ulrich Matthes (Joseph Goebbels), Heino Ferch (Albert Speer), Ulrich Noethen (Heinrich Himmler), Thomas Kretschmann (Hermann Fegelein); Kosten: 13,5 Mio. Euro; Drehzeit: drei Monate in St. Petersburg (Außenaufnahmen) und der Münchner Bavaria.

Am 16. September 2004 hatte das deutsche Publikum zum ersten Mal die Möglichkeit, sich den neuen Film über Hitler („Der Untergang“) anzusehen. Etwa 480 000 Zuschauer nutzten diese Gelegenheit und waren von Eichingers Produktion ganz hingerissen. Es kann tatsächlich nicht in Zweifel gezogen werden, dass „der Untergang“ das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte großzügig aufführt. Dieser Meinung sind auch die meisten deutschsprachigen Zeitungen wie die Bildzeitung, Welt am Sonntag, Der Spiegel oder Gala.
Die „Hitler-Rolle“ bewegte viele Darsteller schon lange, mehr als 70 „Führer“ spielten in der internationalen Film- und Fernsehgeschichte, wie auch das Nachrichtenmagazin „Focus“ berichtet. Der erste Schauspieler war Charles Chaplin, der Hitler in seiner Farce „Der große Diktator“ (1940) verspottete. Noch Ernst Lubitsch verhöhnte ihn in seiner Drittes-Reich-Satire „Sein oder Nichtsein“ (1942). Ernsthaft wurde diese Rolle jedoch erst 1955 vom Burgschauspieler Albin Skoda in „Der letzte Akt“ aufgearbeitet. Weitere große Darsteller wie Alec Guinness („Hitler – Die letzten zehn Tage“ 1973), Anthony Hopkins (im TV-Film „The Bunker“ 1981), Armin Mueller-Stahl („Gespräch mit dem Biest“ 1996) und Robert Carlyle (im TV-Film „The Rise of Evil“ 2003) spielten ebenfalls den deutschen Diktator. Eines war diesen Darstellungen gemeinsam: Hitler wurde nur von hinten oder von der Seite gesehen, sogar ohne Stimme vorgestellt. Das wurde in Hirschbiegels Film unter anderem geändert. Der Schweizer Bruno Ganz konnte sich bei seiner Hitler-Interpretation nur auf Schriften stützen, die diejenigen geschrieben hatten, die im Endstadium im Bunker in der Nähe des Führers waren. Um Hitler authentisch zu spielen, musste Ganz sie lesen, lesen und immer wieder lesen. Eine entscheidende Hilfe für die Nachahmung war für ihn ein kurzes, heimlich mitgeschnittenes Tonband, wo Hitler mit einem finnischen Diplomaten redete. „Das ist von großem Belang, weil er in Ruhe sprach“, äußerte sich Ganz dem Focus. Seine Darstellung ist vollkommen gelungen: seine Mimik und Gestik sind verblüffend ähnlich.
Lange Jahre trug sich Produzent und Regisseur Bernd Eichinger mit dem Gedanken, einen Film über das Dritte Reich zu produzieren. Er fand schließlich den idealen Stoff zu seiner Produktion einerseits im gleichnamigen Buch des Historikers Joachim Fest („Der Untergang“), andererseits im Buch von Traudl Junge, Hitlers Sekretärin, deren Erinnerungen auch gerade erschienen waren („Bis zur letzten Stunde“). Auf diesen zwei Büchern beruht also das 150 Minuten lange Drama, das die letzten zwölf Tage Hitlers im Führerbunker vorstellt. Der rote Faden des Films ist die von Alexandra Maria Lara gespielte Sekretärin Traudl Junge.
Worum geht es im Film? Wegen eines Attentates war Hitler gezwungen, sich in sein Tiefbunkersystem zurückzuziehen. Die übermächtige Rote Armee zieht ihre Truppen um Berlin zusammen. Am 20. April feiert Hitler seinen 56. Geburtstag im Kreise des Führungsstabs und seiner engsten Mitarbeiter. Eva Braun ist seit einigen Tagen im Bunker. Hitler will Berlin auf keinen Fall verlassen. Es tobt draußen eine hoffnungslose Abwehrschlacht, während die Familie Göbbels mit ihren sechs Kindern in den Bunker zieht. Als am 29. April die russische Armee das Regierungsviertel einkesselt, macht sich Hitler bereit, seinen letzten Willen seiner Sekretärin zu diktieren und Eva Braun zu heiraten. Was passiert aber, als die Russen am 30. April den Sturm auf den Reichstag eröffnen? Wie entscheiden sich Hitler, Eva Braun, die Familie Goebbels und Traudl Junge? Ist es wert, weiterzukämpfen und zu leben? Wir können auf diese Fragen eine ausführliche Antwort bekommen, wenn wir die Kinos besuchen, um uns den Film „Der Untergang“ (auf Ungarisch: „A bukás“) anzusehen. Die Premiere in Ungarn fand am 20. Januar 2005 statt.
Meiner Meinung nach bietet dieser Film uns eine hervorragende Möglichkeit, zu erfahren, was es bedeutete, die Zeit des Nationalsozialismus, die schweren Härten zu überstehen. Eichingers Idee, Hitler aus der Perspektive seiner Sekretärin zu präsentieren, finde ich sehr gut. Das 22-jährige naive Mädchen Traudl Junge war von Hitler fasziniert, folgte seinen Anweisungen, war ihm treu ergeben als Mitarbeiterin. Ihre Perspektive verursacht, dass wir einen anderen Hitler kennen lernen, der Gefühle hat und sie auch zeigt. Er erweist sich als enttäuscht, verzweifelt, hoffnungslos wegen des verlorenen Krieges, er geht zugleich nett mit den Frauen und seinen engsten Mitarbeitern um. Der Film verbirgt all dies nicht. Warum sollte er es auch verbergen? Hitler war auch ein Mensch, abgesehen davon, was er mit seinen Ideen Europa verursachte. Dazu brauchte er auch das Volk. Ohne dieses wäre er nicht erfolgreich mit seiner dämonischen Faszination gewesen. Ich muss einfach zugeben, dass diese Hitler-Darstellung etwas Mitleid erregt, obwohl das kein absichtliches Ziel des Filmes war.