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Zeitung << 1/2005 << Die Sorben in Deutschland
Die Sorben in Deutschland
Eine Volksgeschichte unter der Lupe
Autorin: Katalin Lackó
Die sorbische Sprache gehört zur Familie der westslawischen Sprachen und ist mit dem Tschechischen, Slowakischen und Polnischen eng verwandt. Seit Mitte des vorigen Jahrhunderts sind die Sorben zweisprachig. Die Erhaltung der Sprache ist heutzutage sehr gefährdet, aber es wird auf allen Ebenen für das Überleben der Sprache gekämpft.
Eine kleine Geschichte der Sorben
Vor 1400 Jahren siedelten slawische Stämme zwischen Elbe/Saale und Oder/Neisse. 631 wurden die dort ansässigen Stammesverbände „Surbi” durch den fränkischen Chronisten Fredegar erstmals erwähnt. Vom 7. bis 9. Jahrhundert lebten sie in einer Gesellschaftsordnung, die von der Großfamilie und von militärischer Demokratie geprägt war. Im 10. Jahrhundert verloren sie die politische Selbständigkeit, weil sie dem militärischen Druck des deutschen Reichs keinen Widerstand leisten konnten. So verkleinerte sich das Siedlungsgebiet der Sorben sehr stark. Obwohl sie assimiliert und germanisiert wurden, gelang es den Nachkommen der Oberlausitzer, Milzener und Lusitzer ihre Sprache und Kultur zu bewahren. Heute sind es insgesamt noch 60000. Davon leben 40000 in der Ober- und 20000 in der Niederlausitz. 968 begann mit der Gründung des Bistums Meißen die Christianisierung der Sorben. Dadurch wurden sie zu einer sorbischen Kirchenorganisation umstrukturiert und das wirkte sich auf ihre nationale Entwicklung negativ aus, weil sie sowohl herrschaftlich wie auch kulturell unter den Einfluss des deutschen Reichs gerieten. Sie haben aber alles getan um ihre Sprache, Bräuche und Lebensweise bewahren zu können.
Die Reformation
Die Reformation war für das sorbische Volkstum von großer Bedeutung. Predigt und Gemeindegesang wurden gepflegt und die Volkssprache dadurch aufgewertet. Kurz nach der Reformation und der Erfindung des Buchdrucks erschien das Neue Testament in sorbischer Sprache. Dadurch entwickelte sich eine Schicht gebildeter Menschen, die die Träger einer sorbischen Identität wurden. Von den ungefähr 200 Pfarrkirchen der Oberlausitz blieben 13 auch nach der Reformation katholisch. Dieser katholische Bevölkerungsteil hat sein sorbisches Volkstum besonders treu bewahrt. Im Weiteren sorgten auch Volksunterricht und der Gottesdienst in ihrer Mutterspache für die Bewahrung der Nationalität.
Der Dachverband „Domowina”
Ihr einziger Schutzraum ist der Dachverband „Domowina”. Diese spielte und spielt auch heute noch eine sehr wichtige Rolle in ihrer Geschichte. Das ist ein Bund Lausitzer Sorben in Sachsen und Brandenburg. Er zählt heutzutage 7300 Mitglieder in fünf Regionalverbänden und zwölf überregional wirkenden Vereinen. Seit 1912 ist er eine Art zentrales Organ zur Wahrung ihrer Interessen vor der Obrigkeit. Während des Nationalsozialismus wurde die „Domowina” verboten, ebenso sorbische Gottesdienste und Publikationen. Viele der Sorben mussten fliehen. Nach dem Krieg wurde der Verband neu belebt. Eine Aufgabe ist heute die politische Interessensvertretung der Sorben gegenüber Parlamenten und Regierungen. Außerdem pflegt er bildungs- und kulturpolitische Angelegenheiten. Zu den Zielen gehören die Erhaltung und Entwicklung von Sprache, Kultur und Traditionen der Sorben, die Förderung von Toleranz und Verständigung. Der Verband pflegt auch die Beziehungen zu slawischen Völkern, zu anderen nationalen Minderheiten und Volksgruppen. Es existierte ein Institut für Sorabistik an der Universität Leipzig (bis 1958) sowie noch ein zweites Institut für sorbische Volksforschung, ein Verlag und ein Museum. In der Zeit des Sozialismus im Osten Deutschlands ging das Sorbentum stark zurück und erfuhr erst nach der Wende eine Wiederbelebung.
Die heutige Lage
Heute hängt die Zukunft von den politischen, rechtlichen, sozialen und finanziellen Rahmenbedingungen ab. Der Staat hat die Bedeutung dieses Wertes heute anerkannt. Das Erbe einer alten Volksgruppe soll lebendig gehalten und ein Aussterben von Kultur und Sprache soll verhindert werden. So kam es zu dem Bundesgesetz der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitenprachen vom 9. Juli 1998, das besagt, dass in Deutschland das Obersorbische und das Niedersorbische als Minderheitensprachen gesetzlich anerkannt, geschützt und gefördert werden. Am 31. März 1999 kam das „Gesetz über die Rechte der Sorben im Freistaat Sachsen” zustande. Es beinhaltet die Festlegung des sorbischen Siedlungsgebietes sowie den Gebrauch der sorbischen Sprache vor Gerichten und Behörden. Auf parlamentarischer Ebene sind Sorben gegenwärtig im Europäischen Parlament vertreten. Es gibt viele Ortsnamen, die einen sorbischen Ursprung haben und dadurch von der Geschichte erzählen. Leipzig kommt zum Beispiel aus dem sorbischen Wort „lipa”, was eigentlich „Linde” bedeutet. Außerdem erzählen auch die auf –itz auslautenden Ortsnamen von dieser Herkunft (Görlitz, Chemnitz).
Die Bedeutung der Sorben kann daher nicht unbeachtet werden. Man muss sich die Tatsache vor Augen halten, dass sie auch einen Beitrag zur Entwicklung von Siedlung, Wirtschaft und Kultur im Osten Deutschlands geleistet haben. Sie gehören also zu Deutschlands Werten und man kann nur hoffen, dass es Deutschland gelingt, dieses kleine Volk und seine Tradition zu bewahren.
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