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Zeitung << 1/2005 << Die österreichische Kultur in Szeged
Die österreichische Kultur in Szeged
Gespräch mit Prof. Dr. Károly Csúri anlässlich der Festveranstaltung:
„50 Jahre Österreichischer Staatsvertrag – österreichische Kultur in Szeged“
Autorin: Annamária Széll
Mehrere Jahre lang sah ich das Schildchen an der Tür „Csúri Károly”. Den Professor fand ich aber nicht. Ich konnte keine Kurse bei ihm belegen. Warum? Er war nämlich nicht an der Universität, sondern leitete fünf Jahre lang das Collegium Hungaricum, das Ungarische Kulturinstitut in Wien. In diesem Jahr (2004/2005) kehrte er aber voll von Energie und Ideen zurück.
Fünf Jahre sind eine sehr lange Zeit. Wie ist es für Sie, wieder in Ungarn zu leben und zu arbeiten?
Es bedeutet natürlich eine ziemliche Umstellung, wenn man nach fünfeinhalb Jahren wieder nach Hause kommt. Die Umstände sind während dieser Zeit in vieler Hinsicht anders geworden. Obwohl ich seit 1969, abgesehen von der erwähnten „Wiener Zeit“, kontinuierlich an der Szegeder Universität unterrichte – d.h. die Umgebung an sich ist keineswegs fremd für mich –, musste ich mich trotzdem wieder einleben und anpassen. Meine familiären Verhältnisse haben sich verändert, aber auch die Universität SZTE mit ihren vielen Fakultäten ist eine andere, eine wesentlich größere. Uns steht eine grundsätzliche Studienreform bevor, deren Auswirkungen niemand kennt. Vieles hat sich auch in meinem engeren Wissenschaftsgebiet geändert, schwieriger ist die Finanzierung der Forschung und der Lehrerausbildung geworden. Natürlich unterscheidet sich auch die Studentenschaft mit ihrer Auffassung und ihren Interessen merklich von jener anfangs der 90er Jahre.
Sehen Sie jetzt die Welt ein bisschen anders, mit anderen Augen?
Nach so viel Zeit sieht man im eigenen Lande vieles mit anderen Augen. Sicher ist man etwas kritischer als vor sechs Jahren. Ich gebe zu, an der Oberfläche ist der Unterschied zwischen Ost und West kleiner geworden, aber man darf dabei nicht vergessen, dass die eigentliche, tiefer liegende Differenz noch lange erhalten bleibt. Das hat mit vielem zu tun, wobei ich hier nicht nur an die wirtschaftlichen Probleme denke, die zweifellos unsere grundsätzliche Schwierigkeit bedeuten. Für mich ist jedoch wichtiger, dass sich die frühere Mentalität und Moral, abgesehen von manchen positiven Ausnahmen, kaum geändert hat. Ungarn befindet sich nach wie vor in einem sonderbaren Zwischenzustand, der unserem Image im Ausland viel schadet. Ich weiß, es ist in dieser Form eine grobe Vereinfachung, aber es fällt doch auf, dass viele nur die Vorteile des ehemaligen Sozialismus mit den Vorteilen des erzielten Kapitalismus für sich vereinen wollen. Man will möglichst wenig Arbeit und möglichst viel Geld. Ich kenne natürlich auch zahlreiche Gegenbeispiele und den harten Kampf von Millionen für das bloße Überleben.
Welche Vorstellungen bringen Sie aus Wien mit?
Vieles hat mich in Wien beeindruckt. Eine Idee will ich um jeden Fall verwirklichen: ich möchte den Unterrichts- und Wissenschaftsbereich des Lehrstuhls um eine weitere wichtige Tätigkeit erweitern. Mein Auftrag in Wien machte mir erst die tatsächliche Bedeutung und Wirkungsmöglichkeit der Kultur und Kulturvermittlung im Alltagsleben klar. Ich hoffe, dass wir zur Belebung des kulturell-künstlerischen Lebens an der Universität und in der Stadt beitragen können. Übrigens ist diese Aufgabe in der Bezeichnung „Lehrstuhl für österreichische Literatur und Kultur“ bereits vorprogrammiert. Nun soll das vorgesehene Programm in den nächsten Jahren besser und wirksamer als bisher eingelöst werden.
Wie realisieren Sie diese Idee?
Ich habe zuerst daran gedacht, ein österreichisch-ungarisches Kulturforum zustande zu bringen. Ich musste jedoch bald einsehen, dass die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten für Konzerte und größere Ausstellungen und Programme nicht ausreichen. Deshalb soll eher ein virtuelles Forum etabliert werden, das eine Art Vermittlungsrolle ausüben wird. Wir wollen verschiedene Veranstaltungen – teils mit österreichischer Finanzierung – nach Szeged bringen und diese in hiesigen Institutionen mit entsprechender Infrastruktur verwirklichen. Der Akzent soll dabei vor allem auf den Gemeinsamkeiten, auf der kulturell-künstlerischen Verbindung der beiden Länder liegen. Zum anderen wird natürlich dieses Forum die österreichische Kultur in Szeged präsentieren.
Wem möchten Sie dieses Forum empfehlen?
Die Institutionen, die die österreichisch-ungarischen Beziehungen bzw. die österreichische Kultur präsentieren werden, sind praktisch für alle Interessenten zugänglich. Aber auch der Kreis der unmittelbar Angesprochenen ist relativ groß. An der Universität studieren annähernd fünfhundert Studentinnen und Studenten Germanistik, dazu kommen die Studenten der Hochschulfakultät. In Szeged gibt es ferner eine Menge von Grundschulen und Gymnasien. Sie sind alle interessiert an österreichischer Kultur, Literatur und Sprache, ganz zu schweigen von den Nichtgermanisten-Intellektuellen der Stadt und der Universität. Wenn die Veranstaltungen niveauvoll sind, dann kann man sie sicher leicht dazu veranlassen, sich noch mehr und noch intensiver mit der österreichischen Kultur vertraut zu machen. Die Frage ist eher, wie man dieses Publikum mobilisieren kann. Wie auch immer, ich hoffe sehr, dass wir in den nächsten Jahren in diesem Bereich einiges in dem kulturellen Leben der Stadt in Bewegung bringen können.
Gibt es schon konkrete Veranstaltungen, die Sie planen?
Ich habe bereits einiges vorbereitet. Mit dem Kunsthistorischen Museum in Wien hat das Collegium Hungaricum 2003 eine gemeinsame ungarisch-österreichische Jahrhundertwende-Ausstellung in Wien gemacht, die dann voriges Jahr auch in Budapest präsentiert wurde. Dieses Jahr geht die Ausstellung nach Sankt-Petersburg, in die Staatliche Eremitage, wo sie im November eröffnet wird. Generaldirektor HR Prof. Dr. Seipel hat dabei sehr viel geholfen, dass diese internationale Ausstellungsserie zustande gebracht werden konnte. Unlängst hat Prof. Dr. Seipel in einem Gespräch auch angeboten, das von mir geplante (virtuelle) österreichische Kulturzentrum in Szeged als eine Art Filiale des Kunsthistorischen Museums zu betrachten und mit Veranstalten von Ausstellungen zu unterstützen. Das ist sicher eine einmalige Möglichkeit. Es sieht nun so aus, dass das Kunsthistorische Museum, das fünftgrößte Museum der Welt, 2006 eine Ausstellung in dem Ferenc Móra-Museum in Szeged machen wird. Das wird die erste in einer Reihe von Sonderausstellungen sein, deren provisorischer Arbeitstitel „Schätze der Habsburger” heißt. Sicher ist auch, dass das Kunsthistorische Museum die Szegeder Österreich-Bibliothek mit den Ausstellungskatalogen der letzten zehn Jahre beschenken will. Diese wunderbaren Alben über die Jahrhunderte der europäischen Kunst wollen wir im Herbst – mit einem Vortrag von Prof. Dr. Seipel verbunden – im Rahmen einer kleinen Sonderausstellung in der Unibibliothek (TIK) präsentieren.
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