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Durch einen „Fehler“ ein Doktor werden
Interview mit Dr. Miklós Fenyves
Autorin: Emma Sajben
Miklós, du bist schon seit 15 Jahren an der Universität, wie fühlst du dich hier?
Zwischen 1992 und 1998 studierte ich Germanistik und ungarische Sprache und Literatur an der JATE. Darauf folgten das PhD-Studium und anschließend daran ein „prädoktorales“ Stipendium. Seit 2003 arbeite ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Germanistik, zurzeit am Lehrstuhl für Österreichische Literatur und Kultur. Ich finde die Arbeitsatmosphäre hervorragend, ich habe eine gute Beziehung zu meinen Kollegen und fühle mich immer heimischer.
Welche Bereiche der Germanistik interessieren dich am meisten? Warum?
Mein Forschungsschwerpunkt ist die neuere österreichische Literatur. Der Grund für diese Wahl ist nicht so kompliziert: ich habe meine Diplomarbeit über Thomas Bernhards Prosa geschrieben, zum selben Thema promoviert und mein Forschungsgebiet nur allmählich erweitert. Jetzt halte ich Seminare zur Wiener Jahrhundertwende, mit Hauptaugenmerk auf Hofmannsthals Werk. Es gibt vieles, was mich interessiert, und einige Fragen, die ich in meiner Dissertation gestellt, aber nicht klar genug erklärt oder beantwortet habe, lassen mich auch nicht los.
Du bist 2006 Doktor geworden. Wurde damit ein alter Traum verwirklicht, oder hast du früher andere Pläne gehabt?
Ich habe meine Diss im Mai 2006 verteidigt. Natürlich habe ich mich darüber gefreut; man braucht sowohl die Anerkennung, als auch die kritische Auseinandersetzung, also es geht um mehr als bloß um einen symbolischen Akt. Übrigens wollte ich Lehrer werden. Ich hatte große Lust, in einem Gymnasium Literatur zu unterrichten. Aber dann habe ich den „Fehler“ begangen, meine Diplomarbeit über ein interessantes Thema zu schreiben und es auch ernst zu nehmen. Ich hätte mit der Arbeit nicht gerne aufgehört.
Worüber hast du deine Dissertation geschrieben? Was für neue Erkenntnisse bietest du darin?
Mein Thema war die spätere Prosa Thomas Bernhards. Mich hat die Frage fasziniert, inwieweit sich der Anspruch auf sprachliche Artikulation mit dem auf Bewahrung des Singulären, Individuellen, Kontingenten vertragen kann – eine Spannung, die bei Bernhard, der sich der Maschinenhaftigkeit der Sprache durchaus bewusst war und auf die Erinnerung, auf eine Art sprachliche Dokumentation trotzdem nicht verzichten wollte, sehr stark ausgeprägt ist. Eine solche Annäherung ist in der Bernhard-Forschung nicht so gängig.
Du hast auch Nederlandistik studiert. Ist das auf der Strecke geblieben?
Was die wissenschaftliche Seite betrifft, schon. Allerdings übersetze ich ziemlich viel aus dem Niederländischen. Und nach einigen Besuchen in Amsterdam bleibt man unvermeidlich im Bannkreis der niederländischen Kultur.
Neben dem Unterricht an der Uni, nimmst du auch an anderen Veranstaltungen teil. Du hast zum Beispiel die Ausstellung zum 50-jährigen Jubiläum des Instituts organisiert. Wie lief die Arbeit? Bist du mit dem Ergebnis zufrieden? Was hat dir daran am besten gefallen?
Ich hatte den Eindruck, dass man an der Ausstellung Interesse fand. Hoffentlich haben dadurch auch die Studierenden die Vergangenheit des Instituts kennen lernen können, oder zumindest ein bisschen gefühlt, dass es so etwas wie eine Vergangenheit gibt: Leute, die früher hier studiert, gelehrt und geforscht haben. Aus der Entwicklung des Faches lassen sich viele Aspekte der heutigen Situation erklären – für mich war es sehr aufschlussreich, mich mit dieser Geschichte einigermaßen vertraut zu machen.
Abgesehen von deiner Tätigkeit an der Universität, womit beschäftigst du dich gern, wie erholst du dich von dem Alltag?
Ich höre viel Musik. Und laufe gerne. Vom Lesen einmal abgesehen.
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