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Zeitung << 2/2006 << „Wie fange ich jetzt bloß an?“


„Wie fange ich jetzt bloß an?“
Erfahrungen mit Medien am Jugendmedienseminar der GJU

Autor: András Horváth

Es war ein Nachmittag an einem Donnerstag, als ich den Aufruf erhielt, dass in Budapest vom 27-29. Oktober 2006 ein Medienseminar für Jugendliche zwischen 17-19 Jahren stattfindet und auch Uni-Studenten dort willkommen sind. Bewerbungsfrist: nächster Montag. Ich hatte keine Zeit zu zögern. Da ich auch zum GeMa-Team gehöre, dachte ich, dass so eine Veranstaltung mir bezüglich meiner Medienkenntnisse gewiss zugute käme. Voraussetzung für die Teilnahme waren gute Deutschkenntnisse, Interesse an Medienarbeit und das Verfassen eines eigenen Textes mit folgendem Titel: „Wie fange ich jetzt bloß an?“. In der nächsten Woche bekam ich bereits die gute Nachricht, dass ich in zwei Wochen im Haus der Ungarndeutschen in Budapest beim Seminar dabei sein werde.

Dieses Seminar unter dem Motto „Rück raus mit der (deutschen) Sprache“ war eines der jährlichen Veranstaltungen der GJU (Gesellschaft junger Ungarndeutscher), zusammen mit dem ifa (Institut für Auslandsbeziehungen). Die GJU ist eine landesweite Organisation, die sich an Jugendliche der deutschen Minderheit in Ungarn richtet. Sie veranstaltet jedes Jahr mehrere Freizeitprogramme wie Fahrradtouren, Vorsilvester, Sommerlager usw. Seitens der GJU kümmerten sich der Vorsitzende László Dávid und die Geschäftsführerin Éva Pénzes im Laufe der drei Tage um die Teilnehmer. Der andere Veranstalter, das ifa, ist eine deutsche Institution, die den Kulturaustausch fördert und sich für Deutsche im Ausland engagiert. Kulturassistent Andreas Bock vertrat das ifa bei uns und nahm überdies auch an unserer Arbeit teil.
Am Freitag fand sich unsere Teilnehmergruppe im GJU-Büro ein, um das Programm des Wochenendes vorzustellen und einander kennen zu lernen. Wir waren insgesamt zwölf und wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Die Mitglieder der ersten Gruppe machten einen Radioworkshop. Ihre Aufgabe war es, durch Interviews mit Menschen in der Stadt einen kurzen Radiobeitrag zu gestalten. Ihr Leiter war Krisztián Erdei, der beim Radio Fünfkirchen arbeitet und dort für die Sendung der deutschen Minderheit zuständig ist. Der anderen Gruppe, der auch ich angehörte, stand ein Zeitungsworkshop bevor. Wir hatten Artikel zu verfassen, die später in der Zeitung der Ungarndeutschen erscheinen sollen. Dabei hat uns Peter Bognar, Ungarn-Korrespondent der Zeitung „Die Presse“ Hilfe geleistet. Von da an arbeiteten beide Gruppen getrennt, nur abends vermischten wir uns wieder.
Am Nachmittag des ersten Tages machte uns Peter mit den Grundkenntnissen der journalistischen Tätigkeit vertraut. Wir lernten die verschiedenen Typen der Zeitungsartikel kennen und erhielten Einblick in die Nachrichtenquellen der Redaktionen. Außer der Theorie hatten wir auch eine praktische Übung: aufgrund Informationen von einer Nachrichtenagentur verfassten wir Kurznachrichten wie auch die professionellen Journalisten. Spät am Abend sind wir danach ins Bett gelangen. Trotzdem wussten wir alle, dass der längste und schwierigste Tag der morgige sein würde.
Da wir am Tag zuvor zum Thema unseres Artikels die Stimmung des Marktes gewählt haben, machten wir uns Samstagvormittag auf den Weg zur Vámház körút. Jeder von uns hatte die Aufgabe, Eindrücke zu sammeln und Leute in Bezug auf unser Thema zu fragen. Das hat mir einen großen Spaß gemacht in der großen Markthalle. Es waren viele Leute da, ganz einfache Einheimische und verschiedene Touristen zugleich. Die Ausländer kamen aus Deutschland, Österreich, Tschechien und sogar aus den USA. Die meisten standen uns gerne zur Verfügung, nur wenige haben unsere Fragen abgelehnt. Wir hörten verschiedene Meinungen von den Verkäufern über die Kunden und umgekehrt. Ich habe zum Beispiel diese Meinungsunterschiede zum Kernpunkt meines Artikels gewählt. Die Zeit ist hier leider schnell vergangen, wir hätten lieber den ganzen Tag dort verbracht. Wir mussten aber zurück, um unsere Texte zu verfassen.
Das dauerte aber länger als gedacht. Den ganzen Nachmittag lang beschäftigten wir uns damit, und Peter hatte noch alle Texte zu redigieren. Inzwischen gab er uns nützliche Ratschläge darüber, was in einer Zeitung stehen darf und was nicht. Dabei mussten wir uns damit abfinden, dass Passiv und Konjunktiv als beliebte Formeln in den Zeitungsartikeln auftauchen, und dass wir ihnen nicht ausweichen können.
Wir alle hatten zwar ähnliche Artikel geschrieben, weil wir das gemeinsame Hauptthema hatten, versuchten aber die Erlebnisse auf dem Markt aus eigenen Perspektiven darzustellen. Ich konzentrierte mich auf meine Gespräche mit den Ausländern und die Meinungen der Verkäufer über sie. Aus den Interviews stellte sich heraus, dass nicht alle Verkäufer mit den Touristen zufrieden sind, weil einige sie unglaublich frech und nicht respektvoll behandeln. Eine Schmuckhändlerin stand mir mit Begeisterung zur Verfügung und erzählte mir viel über die Leute dort. Obwohl wir am Abend bereits die Nase von den Sätzen und grammatischen Mitteln voll hatten, war der Tag für uns noch gar nicht zu Ende. Als Abschluss des Tages versammelten sich alle Teilnehmer in einer Kneipe, wo wir den anderen unsere Erfahrungen mitteilen konnten. Das war eine gute Gelegenheit, einander näher kennen zu lernen. Die Radiogruppe erzählte uns, dass sie auch tätig waren und in der Stadt Interviews sammelten, manchmal mit wenigem Erfolg. Es war gar nicht leicht, Menschen in der Stadt zu finden, die sowohl gut Deutsch können, als auch Lust zu einem Gespräch mit jeweils zwei 18jährigen haben. Außerdem führten wir gute Gespräche mit unseren Mittelschülern, aber auch mit den Teilnehmerstudenten anderer Universitäten. Diesmal kamen wir wirklich spät in unserer Unterkunft in der Pension an, aber wir waren alle froh, so einen erlebnisreichen Tag hinter uns zu haben.
Es ist bei allen Ferienlagern, Gruppenausflügen und mehrtägigen Veranstaltungen so: wenn der letzte Tag anbricht, würden wir immer noch länger bleiben. Dieses Gefühl hatten wir auch. Wir waren aber gespannt, was die andere Gruppe am Wochenende geschafft hatte. Am Sonntag erfolgte nämlich die Präsentation der Arbeiten der Workshopsteilnehmer. Nicht nur unsere Artikel sollten später veröffentlicht werden, sondern auch die Radiosendung im lokalen Rundfunk in Pécs zu hören sein. Außerdem teilten wir einander unsere Erfahrungen über das Wochenende mit und vereinbarten, soweit es möglich ist, auch in der Zukunft zusammen zu arbeiten. Ziel der GJU ist nämlich, eine eigene bunte Zeitung zu veröffentlichen. Da sie sich an Jugendliche orientiert, sollten in der Zeitung solche Themen behandelt werden, die die Jugend interessieren. Es wird erwartet, dass wir solche Artikel in der Zeitung schreiben und dadurch die Jugendorganisation bekannt machen.
Ich freue mich sehr, dass ich die Möglichkeit hatte, an diesem Medienseminar mitzumachen. Einerseits habe ich wichtige Kenntnisse über die Arbeit der Journalisten gesammelt, andererseits nette Jugendliche kennen gelernt, die in diesem Bereich sehr engagiert sind und sich gern mit der deutschen Sprache beschäftigen. Wer nächstes Jahr nicht älter als 19 ist und Lust hat, soll auch nicht zögern. Rück einfach raus mit der deutschen Sprache!