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Zeitung << 2/2006 << Was ist OKB?
Was ist OKB?
Diplomarbeit einer Szegeder Germanistikstudentin in Medienwissenschaft
Autorin: Gabriella Szabó
Viele würden diese Frage stellen, vielleicht auch ein Berliner/eine Berlinerin. Ich hatte die Möglichkeit als Studentin des Faches Medienwissenschaft an der Uni Szeged für einen Monat im Jahre 2006 beim OKB in Berlin ein Praktikum zu machen. Ich habe viele Erfahrungen gesammelt und wirklich viel gelernt. Das ganze System beim OKB ist sehr geregelt, aber ich konnte immer Fragen stellen, alle im Büro, im Studio und beim Außendreh waren sehr hilfsbereit.
Offene Kanäle existieren in Ungarn (noch) nicht, deshalb war es für mich besonders interessant anzuschauen, wie das in Berlin funktioniert. Ich wirkte beim Außendreh an drei Veranstaltungen von Ereignis-TV mit: ich half beim Kabellegen, Kameraschleppen, Licht machen und machte ein bisschen Kamera und Regie im Übermittlungswagen. Das Ganze war eine Teamarbeit, alle sollten ihr Bestes tun, damit wir schneller am Anfang beim Aufbau und am Ende beim Abbau fertig waren. Um die Moral der Gruppe zu steigern, machten die Männer manchmal Scherze. Wir waren auf einem Konzert und zwei Konferenzen. Das Konzert gefiel mir am besten, weil wir dort mit drei Kameras arbeiteten. Die Kamera auf der Bühne hatte die schwierigste Arbeit. Das probierte ich auch aus.
Im Studio half ich den Nutzern (so nennt man bei „Offenen Kanälen” die Menschen, die Filme produzieren) Licht/Ton zu machen und mit allen anderen Praktikanten die Bühne aufzubauen. Einmal pro Monat machen beim OKB auch die Praktikanten Regie. Auf die Frage „Wie professionell können die Leute mit der Technik umgehen?” antwortete der Tontechniker Shlomi Berger, dass man die Technik hier sehr einfach nutzen kann, und die Nutzer lernen auch viel während der Arbeit. Von Mischka Franke, der für die medienpädagogischen Projekte beim OKB verantwortlich ist, konnte ich erfahren, dass es in Berlin das Problem gibt, dass es eine sehr große Diskrepanz zwischen dem Wissen der Schüler über die Medien und dem Wissen der Lehrer gibt: die Schüler wissen viel mehr über die Medien. Deshalb trauen sich viele Lehrer nicht, sich mit den Medien zu beschäftigen.
Da ich meine Diplomarbeit über den Offenen Kanal Berlin schreibe, sammelte ich viel Material, wie etwa das Rechtshandbuch für Bürgermedien, Statistiken und verschiedene Ausgaben zu dieser Thema. Der rechtliche Hintergrund interessiert mich besonders. Ich drehte auch sieben Interviews: drei Interviews mit Benutzern und vier mit Mitarbeitern des OKB. Daraus werde ich im März 2007 einen Kurzfilm zu meiner Diplomarbeit machen. Ich bin mit den Dreharbeiten noch nicht fertig, im Februar kehre ich nach Berlin zurück. Den Schnitt möchte ich zu Hause, im Studio des Faches Medienwissenschaft an der Universität Szeged machen.
Ich profitierte sehr viel von dieser Reise, ich lernte viele Fachwörter und schloss auch Freundschaften mit den Praktikanten. Am Wochenende machten wir Ausflüge nach Potsdam, nach Dresden, und ich lernte Berlin kennen. Ich sollte feststellen, dass man sich mit einem Stadtplan sehr gut in der Stadt orientieren kann. Was ich in Berlin – sozusagen – am schönsten fand, war die Spree.
Seit 1984 entstand eine stark ausdifferenzierte Bürgermedienlandschaft mit mittlerweile 143 durch die Landesmedienanstalten lizenzierten Bürgersendern. Allen Sendern gemeinsam ist das Ziel, breiten Bevölkerungskreisen den uneingeschränkten Zugang zu Produktions- und Sendetechnik moderner Massenmedien zu ermöglichen. Ich sah die Verwirklichung dieses Ziels und hoffe, dass diese Form von Medien bald auch in Ungarn nutzbar sein wird. Hier möchte ich mich für die Hilfe bei Jürgen Linke, dem Leiter des Offenen Kanal Berlins und bei allen Mitarbeitern bedanken.
Offener Kanal Berlin
OKB bedeutet „Offener Kanal Berlin” (GeMa 1/2006: Berlin, Berlin. Studienreise zum Offenen Kanal Berlin). Seit August 1985 können Bürgerinnen und Bürger in Berlin ihr Grundrecht auf freie Meinungsäußerung auch in Radio und Fernsehen verwirklichen. Sie können ihre eigenen Sendungen im OKB ausstrahlen. Beim OKB gibt es kein Sendeschema, keine inhaltlichen Vorgaben, keinen Intendanten. Wichtig ist alles, wozu sich die Bürgerinnen und Bürger äußern wollen! Für den Inhalt und die Gestaltung der Sendungen sind sie selbst verantwortlich. Das heißt auch, bei Rechtsverstößen tragen sie die Folgen. Im OKB geht es nicht um Einschaltquoten oder Ausgewogenheit. Vielmehr geht es darum, dem glatten, professionellen Radio und Fernsehen selbst etwas entgegenzusetzen und Öffentlichkeit für die eigene Meinung herzustellen. Die Nutzung des OKB ist unentgeltlich. Deshalb sind Werbung und die Erzielung von Einnahmen verboten.
• In Offenen Kanälen entfalten deutsche Bürger ihre Begabungen bei der Aufbereitung ihrer Themen und Anliegen für die Öffentlichkeit. Die Fernseh- und Hörfunkbeiträge Offene Kanäle drücken die Lebenswirklichkeit der Bevölkerung einer Region authentisch aus.
• Offene Kanäle geben neue Impulse für das soziale Zusammenleben. Sie sind Stätten sozialen Handelns, beteiligen Bürger am öffentlichen Diskurs und garantieren, dass Meinungsäußerungen wahrgenommen werden.
• Offene Kanäle befähigen Menschen aller Altersgruppen und gesellschaftlichen Schichten zur Teamarbeit, zur Auseinandersetzung mit der Umwelt und zur Einflussnahme auf den gesellschaftlichen Diskurs.
• Offene Kanäle sind als Orte der Toleranz und des Dialogs unverzichtbar für die demokratische Kommunikationskultur.
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