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Zeitung << 1/2007 << Unterricht und Germanistik – mit den Augen einer Lehrerin


Die Kehrseite der Medaille
Unterricht und Germanistik – mit den Augen einer Lehrerin

Autorin: Mónika Hevesi

Es gibt immer einige Personen, die uns inspirieren, uns den Weg zeigen. Eine von diesen war für mich meine Privatlehrerin, die mich in Deutsch unterrichtete, als ich in das Gymnasium ging. Sie ist ohne Zweifel ein vielseitiger Mensch: sie unterrichtet nicht nur Deutsch und Ungarisch, sondern auch Jus in der Fachmittelschule für Energetik in Paks. Was für Chancen hat man mit einem Deutschlehrerdiplom heute? Was kann ein junger Lehrer seinen Schülern geben? Dies und anderes habe ich Csergõ Vilmosné dr. Farkasfalvi Ágnes, eine ehemalige Studentin der Universität Szeged, gefragt.

Wollten Sie immer Lehrerin werden oder hatten Sie früher auch andere Pläne?
Eigentlich schon. In meiner Familie gibt es besonders viele Lehrerinnen; also dieser Beruf gilt bei uns als Tradition. Ich hatte andere eigene Gedanken über meinen Beruf, aber in letzter Minute, ganz genau beim Abitur, habe ich mich für das Lehrfach entschlossen.

Warum haben Sie eben die Universität Szeged gewählt?
Zu der Zeit, als ich mich um das Studium bewarb, galt Szeged als die beste Universität in Ungarn.

Sie haben hier zwischen 1983 und 1988 Ungarisch studiert. Was können Sie über das damalige Studentenleben erzählen?
Szeged war auch damals eine echte Universitätsstadt. Im Jugendzentrum JATE gab es wirklich ein intensives Studentenleben: Kinoklub, verschiedene Veranstaltungen, interessante wissenschaftliche Vorlesungen. Es gab wirklich ein aktives Leben.

Was Sind Ihre schönsten Erinnerungen bezüglich Ihrer Studienjahre?
Eigentlich alles: Studium, Jugendliche, wissenschaftliche, kulturelle Veranstaltungen in Szeged. Das ganze kulturelle, wissenschaftliche Leben der Stadt.

Sie haben nachher auch Germanistik studiert, aber nicht in Szeged.
Ja, ich erwarb mein Deutschlehrerdiplom an der ELTE Budapest. Die Frage stellt sich, warum eben dort. Ich habe zu der Zeit mittlerweile geheiratet und bin nach Hause in meine Geburtsstadt gezogen. Budapest liegt näher, deshalb studierte ich dort Deutsch.

Und warum haben Sie sich für die Germanistik entschieden?
Ich habe mütterlicherseits und väterlicherseits deutsche Vorfahren. Und ich habe in der Schule Deutsch gelernt, so habe ich mich für Deutsch entschlossen.

Welche Disziplin haben Sie lieber gehabt: Linguistik oder Literatur?
Beide. Ich glaube, beide Studien haben den positiven Einfluss. Ohne Grammatik kann man nicht sprechen, und die Literatur hat großen Einfluss auf die Seele.

Was ist Ihr Lieblingsthema in der Literatur, und warum gerade das?
Ich interessiere mich für Literatur der Jahrhundertwende von 1900. Ottlik und Musil sind bestimmende Schriftsteller dieser Zeit. Ihre Prosawerke geben uns Hinweise auf die Gesellschaft der Kriegszeit, erzählen von der Seele und der Entwicklung der Jugendlichen der Zwischenkriegszeit. Ihre Romane suchen auch darauf eine Antwort, wie die Jugendlichen sich in der Welt zurechtfinden können. Solche Werte wie Ehre, Treue, Anstand, Heldentum sind bestimmend für diese Zeit, aber sie fehlen heute. Ich wollte darauf eine Antwort bekommen, wie man seine Persönlichkeit in dieser Zeit bewahren konnte.

Bestätigten sich Ihre früheren Vorstellungen, als Sie mit dem Lehren begannen?
Ja, eigentlich schon.

Die Schüler gehorchen den jungen Lehrern oft nicht. Haben sie mit Ihren ersten Schülern Probleme gehabt?
Es ist eine interessante Frage. Wie ich mich erinnere, waren die Schüler neugierig und herausfordernd. Sie wollten wissen, ob ihr Lehrer auf den Unterricht richtig vorbereitet ist. Sie versuchten jede Situation auszunutzen, um die Kenntnisse ihrer Lehrer zu prüfen. Ich glaube, ich konnte mit meinen Schülern leicht zurechtkommen.

Vor drei Jahren bekamen Sie das Diplom der juristischen Wissenschaften in Pécs, und Sie unterrichten jetzt Jus in der Fachmittelschule für Energetik in Paks. Warum sind die juristischen Kenntnisse wichtig in einer Fachmittelschule?
Über diese Frage diskutierte ich mit meinem Professor für Rechtsgeschichte. Wir waren darin einverstanden, dass die junge Generation keine Ahnung von ihren Rechten, der Politik und Gesellschaft hat. Die junge Generation müsste solche Kenntnisse haben, mit denen sie sich in der Welt, in der Politik und Gesellschaft zurechtfinden kann. Ich unterrichte sonst in der Fachmittelschule Rechtskenntnisse für Wirtschaft und den Sekretärberuf. Unsere Schüler müssen im fünften Jahrgang eine Prüfung in Jus ablegen.

Ein bedeutender Teil der heutigen Germanistikstudenten möchte Deutschlehrer werden. Was sagen Sie zu ihren Zukunftschancen?
Ich glaube, man muss mehrere Pläne haben. Heute ist das Leben nicht mehr so zu planen wie früher. Wenn man ein Deutschlehrerdiplom erwirbt, muss man auch andere Konzepte haben. Wir müssen uns vielleicht für andere Fächer interessieren, oder man muss Dolmetscherpläne haben. Deutschkenntnis­se zu haben, ist ein Vorteil heute sowohl in der Wirtschaft als auch im Unterrichts- und Kulturleben.

Würden Sie trotzdem diesen Beruf Ihren Schülern empfehlen?
Junge Lehrer können immer vielfache Impulse den Schülern geben. Attraktivität, Impulsivität, Interesse sind für die Jugendlichen von heute ganz wichtig. Und ein junger Anfänger im Lehrberuf kann sich das alles gut vorstellen.