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Zeitung << 1/2007 << Interview mit dem Kool Runningz Sound System


Szegediner Germanisten mit jamaikanischem Herzen
Interview mit dem Kool Runningz Sound System

Autorin: Emma Sajben

Bob Marley Poster an der Wand, rot-gold-grüner Vorhang am Fenster, Mikrophon auf dem Sofa – so sieht das Zimmer eines Rastamannes aus. Ich habe Csaba Tompa (im Weiteren Milli Chab) in seiner Untermietswohnung getroffen, um mit ihm und mit János Hegedûs (im weiteren Yaman) über ihre Dancehall Gruppe Kool Runningz Sound System ein Gespräch zu führen.

Erzählt uns bitte von der Entstehung der Gruppe!
Milli Chab: Wir sind schon seit vielen Jahren Fans der Reggae und Dancehall Musik, deshalb hat die Vorlesung Roots Rasta Reggae an der Universität unser Interesse geweckt. Wir haben uns da getroffen und einander besser kennen gelernt. Wir arbeiten zusammen seit dem Frühling 2005.
Yaman:: Obwohl schon einige Reggae-Partys in Szeged stattgefunden haben, waren wir alle der Meinung, dass wir sie noch abwechslungsreicher machen und größere Mengen mit unserer Musik anziehen können.

Ihr seid eine ganz große Band. Aus wem besteht diese Formation?
Yaman:: Es gibt drei Selektas, Menz, VJ und ich, die die Schallplatten auflegen und die Musik mixen. Milli Chab ist ein MC der für die gute Stimmung verantwortlich ist, und das Publikum mit Singen unterhält. Wir bevorzugen die leitenden Vertreter der jamaikanischen und europäischen Reggae und Dancehall Musik.
Milli Chab: Zoli, mein Nachbar, der über ein absolutes Gehör verfügt, war mein Partner bei einer anderen Formation innerhalb der Gruppe. Wir haben eigene Songs geschrieben, die wir auch auf Partys vortragen. Jetzt bin ich der einzige MC bei Kool Runningz.

Wo kann man sich eure Musik außer auf Partys noch anhören?
Milli Chab: Sie können von unseren zwei Webseiten (krs.freeblog.hu; myspace.com/milliownmon) heruntergeladen werden. Ich habe nur noch einige neue Songs, aber ich habe vor, ein neues Soloalbum zusammenzustellen.
Yaman:: Wir arbeiten jetzt an einem Mixtape, das auch auf den Partys gekauft werden kann. Zugleich spielen wir Selektas im Universitätsrundfunk, Radio MI, eine breite Skala an Reggae und Dancehall Musik in der Sendung Lava Ground.

Wenn wir schon bei Partys sind, wo tretet ihr auf und mit welcher Regelmäßigkeit?
Yaman:: Vor allem spielen wir in Szeged, mindestens zweimal im Monat, aber man kann uns auch oft in Békéscsaba, Orosháza, Szarvas und Budapest finden.
Milli Chab: Als wir unser Album, das ich mit Zoli zusammen gemacht habe, beworben haben, wurden wir mehrmals nach Budapest und Transdanubien eingeladen. Daneben waren wir die residente Reggae- und Dancehallgruppe auf dem Jugendfestival in Szeged im Sommer 2006, worauf wir sehr stolz sind.

Ihr seid schon seit mehr als zwei Jahren zusammen. Ist schon ein treuer Kool Runningz Fan Club herausgebildet worden?
Yaman:: Ja, natürlich. Wir nennen ihn „massive“ und er erweitert sich ständig. Die Altersgruppe ist auch sehr vielfältig. Sowohl Teenager als auch Leute in ihren 40ern kommen zu unseren Konzerten. Da die Reggae- und Dancehallkultur in Ungarn leider nicht so verbreitet ist, sind wir bei unseren Kollegen in Ungarn auch bekannt.
Milli Chab: Aus diesem Grund haben wir es uns zum Ziel gesetzt, dass wir diese Kultur und Musikrichtung mit unserer Tätigkeit bekannt und beliebt machen. Wir sind mit dem ungarischen Musikgeschmack sehr unzufrieden, und diese Veränderung ist für uns wichtiger als unsere eigene Popularität.

Seid ihr als Musikanten auch bei den Mädchen beliebt?
Yaman:: Interessanterweise ja. Wir haben beobachtet, dass die Musikanten oder diejenigen, die etwas mit Musik zu tun haben, eine besondere Aufmerksamkeit bei Mädchen genießen.
Milli Chab: Ich muss aber sofort hinzufügen, dass wir alle Freundinnen haben und nicht verführt werden können.

Beide seid ihr Germanisten. Habt ihr genug Zeit neben der Uni euch mit der Gruppe zu beschäftigen?
Milli Chab: Ich würde es eher so formulieren, ob wir neben der Gruppe für die Uni Zeit haben. Meiner Meinung nach braucht man für beides genügend Fanatismus, worüber wir alle verfügen, so können wir das ganz problemlos schaffen. Beides kann sogar miteinander verbunden werden, zum Beispiel als ich meine Seminararbeit für das Seminar Schriftlicher Ausdruck über Reggae Musik geschrieben habe.

Euer Name ist eine Umformulierung des Filmtitels Cool Runnings, der die Erfolgsgeschichte der jamaikanischen Bobmannschaft zeigt. Was denkt ihr, kann eine ungarische Reggae-Dancehall Musikgruppe einen solchen Durchbruch erfahren?
Yaman:: Wir halten es nicht für unvorstellbar. Es gibt einen großen Anspruch auf diese Musik, besonders in Deutschland und Österreich. Warum denn könnten wir keine internationale Karriere machen? Ich bin der Meinung, dass alles möglich ist.
Milli Chab: Vielleicht sind wir nicht in dem entsprechende Land geboren worden, trotzdem meine ich, dass wir nicht gegen Windmühlen kämpfen. Ich sage nur: „Keep it running cool!“


Dancehall
Das Wort Dancehall bezeichnet in erster Linie den Ort, an dem jamaikanische Musik gespielt wird und für den sie produziert wurde. Allerdings wird Dancehall seit einiger Zeit auch als Musik-Genre aufgefasst, das eine auf Reggae aufbauende Musikrichtung ist, die Ähnlichkeiten mit Hip-Hop hat. Deutsche Vertreter der Musikrichtung sind zum Beispiel Seeed, Gentleman.

MC
Abkürzung des englischen Ausdrucks „master of ceremony“, was sich auf diejenige Person bezieht, die auf Konzerten mit Singen und verschiedenen Ausrufen das Publikum unterhält.

Selekta
Stammt von dem englischen Verb „select“, was die Auswahl der zu spielenden Schallplatten bedeutet.