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Zeitung << 2/2007 << Gespräch mit Prof. Dr. Károly Csúri über das Humboldt-Kolleg


Gespräch mit Prof. Dr. Károly Csúri über das Humboldt-Kolleg
„Schön, aber unverständlich?”

Autor: Sándor Török

Wie würden Sie ihre Eindrücke von der Konferenz zusammenfassen? Wie könnte die Konferenz bewertet werden? Hat sie ihr Ziel erreicht?
Im Falle einer Konferenz kann man sicher nicht über endgültige Ergebnisse sprechen, die Bewertung wird die Aufgabe der internationalen Trakl-Philologie sein. Ich habe eigentlich eine Frage gestellt, die sich auf die Verständlichkeit und Unverständlichkeit von Georg Trakls Werk bezieht. Ich wusste, dass die Meinungen der Experten in diesem Thema scharf auseinander gehen, deshalb wollte ich bekannte Forscher unterschiedlicher Auffassung zusammenbringen, die ihre Thesen darlegen, und anschließend interessante Diskussionen führen. Besonders in dieser Hinsicht, aber auch sonst würde ich die Konferenz ausdrücklich positiv bewerten.
Immerhin, die Standpunkte, die über Trakl und seine Dichtung am Anfang noch sehr unterschiedlich waren, sind am Ende, nachdem man die Argumente der anderen kennen gelernt hat, wesentlich harmonischer geworden. Dann hat man bereits das Trakl-Bild etwas differenzierter gesehen und auch die einzelnen, miteinander der eigenen schwer vereinbaren Ansichten besser verstehen und akzeptieren können. Ich glaube, die internationale Trakl-Forschung wurde mit niveauvollen Vorträgen bereichert wurde, und daher versuche ich die Beiträge noch 2008 in einem Konferenzband den Trakl-Forschern und Trakl-Lesern zu präsentieren.

Welche Traditionen hat die Trakl Forschung in Ungarn und in Europa?
Im Falle von Ungarn kann man nur wenige Forscher erwähnen, die sich mit Trakls Dichtung befasst haben. Vor der politischen Wende war dieses Thema nicht beliebt wie auch Trakl kaum bekannt und geschätzt. Wissenschaftler wie Elõd Halász und Sándor Komáromi haben über ihn bereits ganz früh Wesentliches geschrieben, doch blieb seine Dichtung im Grunde genommen ein unbekanntes und unerschlossenes Gebiet. In Europa war das anders. Kurz nach Trakls Tod hat man mit der Forschung, zunächst im Rahmen der Literaturkritik, angefangen. Freunde und ihm nahe stehende Menschen haben sich, meist auf Grund persönlicher Bekanntschaft, zu seiner Dichtung geäußert. Dissertationen gibt es bereits seit den 20er Jahren, aber das Meiste wurde in den 50er Jahren hat zu diesem Thema gemacht. Heute sind es ungefähr 4000 Bücher und Aufsätze, die über sein Werk veröffentlicht wurden. Die deutschsprachige Lyrik – und nicht sie allein – hat eine Menge von seiner Dichtung profitiert. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass sie noch heute lebendig ist, vielleicht lebendiger als in seiner Lebzeit.

Die Humboldt-Stiftung spielte eine wichtige Rolle bei diesem Ereignis. Könnten Sie diesen Zusammenhang erklären?
Die Stiftung übt eine sehr aktive und vielseitige Tätigkeit im Wissenschaftsbereich aus. Sie finanziert Forschungsaufenthalte für ausländische GastwissenschaftlerInnen in Deutschland und Forschungsaufenthalte für Deutsche im Ausland. Das einzige Auswahlprinzip ist die international bedeutende wissenschaftliche Tätigkeit. Andererseits will die Stiftung über die ehemaligen Humboldt-StipendiatInnen ein wissenschaftliches Netzwerk in der Welt ausbauen. Die Devise lautet: „Exzellenz verbindet – be part of a worldwide network! Um dies zu verwirklichen, finanziert die Stiftung verschiedene Programme, so auch die Humboldt-Kollegs.
Zu den Vorbedingungen der Finanzierung gehört zum Beispiel, dass die Hälfte der TeilnehmerInnen ehemaliger Humboldtianer und ein Drittel der Teilnehmer Nachwuchs­wis­sen­schaftlerInnen sein sollten. Das Ziel damit ist, Kontakte in verschiedenen Richtungen, u. a. zwischen Ländern und Forschergenerationen auszubauen. Das Programm, das Thema der Konferenz ist natürlich sehr wichtig, aber ähnlich wichtig ist auch, dass Beziehungen zustande kommen und ein dichtes wissenschaftliches Netzwerk ausgebaut wird.

Neben den KollegInnen und anderen MitarbeiterInnen haben auch Studierende an der Organisation der Konferenz teilgenommen. Was war ihre Aufgabe, und wie entstand diese Idee?
Ich habe die Studierenden in den meisten Fällen darum gebeten, dass sie persönlich einzelne WissenschaftlerInnen und Gäste betreuen. Sie sollten sie vom Bahnhof abholen, ins Hotel bringen, ins Museum begleiten usw., insbesondere in den ersten Tagen bei der Orientierung in Szeged behilflich sein.
Ein geheimes Ziel war auch, dass sie Kontakte knüpfen, weil sie für solche Bekanntschaften mit hochrangigen ausländischen und ungarischen Wissenschaftlern sicher nicht jeden Tag die Möglichkeit haben. Ich denke, das hat in vielen Fällen auch funktioniert. Sie haben aber auch bei Arbeiten sehr viel geholfen, die nicht im Rampenlicht standen (Technik, Organisation, Mahlzeiten, Kulturprogramme usw.) Die ganze Konferenz ist reibungslos und in bester Stimmung gelaufen. Sehr viel davon ist gerade den StudentInnen zu verdanken, die geschickt, gewissenhaft und begeistert ihre Arbeit gemacht haben. Noch einmal, ganz herzlichen Dank dafür!

Was sind die Pläne für die Zukunft in Bezug auf ähnliche Konferenzen, und was sind Ihre eigenen Pläne?
Nach einer Konferenz denkt man nicht unmittelbar an die nächste, aber es gibt Kollegen am Lehrstuhl und im Institut, die ebenfalls mit der Organisierung von Konferenzen in absehbarer Zukunft beschäftigt sind. Die Vorbereitungen brauchen viel Zeit und man muss immer rechtzeitig damit anfangen. Zugleich muss man auch vorsichtig sein und alles mit Maß machen. Wenn man zuviel macht, kann man sich selber nicht entsprechend vorbereiten und nach einiger Zeit kann auch das Interesse anderer Kollegen und Forscher stark zurückgehen. Ich kann mir allerdings gut vorstellen, dass in zwei Jahren ein ähnliches Humboldt-Kolleg in Szeged stattfinden kann. Das Thema steht noch zur Diskussion, deshalb will ich es noch nicht ankündigen.
Noch kurz etwas zu meinen nächsten Plänen: Am wichtigsten ist die Ausgabe des Konferenzbandes, es ist ja keine einfache Aufgabe, die Beiträge in ihrer endgültigen Fassung einzusammeln. Man muss auch die Finanzierung besorgen und einen Verlag für die Veröffentlichung gewinnen. Ich bin sicher, dass die Humboldt-Stiftung zum Veröffentlichen des Bandes wesentlich beitragen und der renommierte Niemeyer Verlag in Tübingen den Sammelband herausbringen wird.