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Zeitung << 2/2007 << Goya in Szeged


Goya in Szeged
Goya-Ausstellung im Reök Palast

Autorin: Tünde Markóné Boda

Großer, freier Raum. Leidenschaftliches, wogendes Geheimnis. Ein wunderbarer, renovierter Palast im Jugendstil mit seiner märchenhaften Fassade. Der Palast wird weltweit als nationaler Wert von Szeged erwähnt. Der 1907 von Endre Magyar errichtete Bau ist für Veranstaltungen und Ausstellungen geeignet, und zählt heute zu einem der schönsten und berühmtesten architektonischen Meisterwerke nicht nur von Szeged, sondern von ganz Ungarn. „Schönheit und Schmerz” war der Titel jener Goya-Ausstellung, die im September 2007 im Reök Palast veranstaltet wurde.

Die Menschen schwanken Zeit ihres Lebens zwischen Schönheit und Schmerz, Seligkeit und Leiden, Unschuld und Gemeinheit, Prophetie und Spott. Die Ausstellung war einem behilflich, diese im Leben erlebten ontologischen Züge der Erinnerungen wieder zu entdecken und zu erleben. In den vier Räumen konnte man den Werken von Francisco Goya folgen. Sie waren nach Themen gruppiert. Die Bilder basieren auf Themen der Gesellschaftskritik, des Antiklerikalismus und der Aufklärung. Die Kupferstiche haben spanische Titel. Fächerartige Streifen enthielten den übersetzten Titel und die Kerninformationen bezüglich der Bilder. Die Manuskripte stammten vom Prado Museum in Madrid. Im Mittelpunkt der Ausstellung stand das Bild mit dem Titel Der Traum der Vernunft gebärt die Monster, auf dem der Maler mit Monstern zu sehen ist. Er hat die Absicht, darauf aufmerksam zu machen, dass die Vernunft die Monster aus dem Unterbewusstsein befreit.
Der Maler Francisco Goya (1746-1828) hat an der Grenze zweier Welten gelebt und geschaffen. An der Grenze der Tradition und Modernität. Er war der Bewunderer des geschichtlichen Realismus und der Vorläufer des Naturalismus zugleich. Die Technik der Radierung hat er in der Caprichos-Serie meisterhaft legiert. Goya hat die Lichttöne auf den schwarzweißen Blättern so ausgezeichnet verwendet, dass die Figuren beinahe lebendig wurden.
Die Illustrationen hatten eine Vermittlerrolle in der Epoche der Aufklärung gespielt, da die Künstler, Wissenschaftler, die Dichter und Schriftsteller die Absicht hatten, ihre Werke auf diese Weise zu verbreiten. Goya, als aufgeklärter Denker, der aus der Literatur ähnliche Möglichkeiten in der Malerei gesehen hat, kritisierte sein Zeitalter. Seine Auffassung über den Antiklerikalismus war auf seinen Bildern zu sehen. Die Priester und die Mönche lebten ihr Leben damals auf hedonistische Weise und sie akzeptierten selbst die Betrunkenheit, die Geilheit, die Geldgier und die Gemeinheit. Der Maler meinte, wenn diese Erscheinungen verschwinden werden, dann wird eine neue Welt kommen, die das Wissen, die Vernunft und das Interesse beherrschen wird. Er stellte auch den Aberglauben und die Hexerei kritisch dar, was die Dunkelheit und die Unwissenheit des Mittelalters signalisiert. Das Bild Heiliger Beruf stellt dar, dass die Unwissenheit und die Gemeinheit symbolisierende Figuren Bischofsmützen bekommen; dadurch verschmilzt das Hexenthema mit der Kirchensatire auf groteske Weise. So auch das Bild Beeile dich, nicht dass sie erwachen. Die Gespenster sind im Mönchskleid zu sehen, was die Gefräßigkeit, die Habgier und die Heuchelei der Priester symbolisiert. Die Bilder Niemand hat uns gesehen und Da ist die Zeit gehören auch zu diesem Thema. Wenn es dämmert, gehen wir weg!, sagt ein Bild. Es bedeutet: wenn das Morgenlicht im abstrahierten Sinn kommen würde, dann würden die Monster und die Hexe auf ewig verschwinden. Goya möchte damit ausdrücken, dass er auf die Welt wartet, die nicht mehr die Dunkelheit, sondern das Licht und das aufgeklärte Denken beherrscht. Die Kritik an der Inquisition ist auch zu entdecken, aber auch die Unsittlichkeit und die Prostitution geißelt er. Solch ein Bild ist zum Beispiel Weil sie gefühlvoll war. Es stellt eine Frau im Gefängnis dar, so pathetisch, dass dieser Kupferstich das Symbol der Einsamkeit wurde.
Mein Lieblingswerk ist Niemand kennt sich. Eine Frau und ein Mann sind auf einer Party. Es ist auch zu sehen, dass sie Masken tragen. Es bedeutet, dass jeder Mensch eine Rolle spielt, und er möchte immer besser und anders aussehen als in der Wirklichkeit. „Lerne dich kennen!”: Diese Schrift war über dem Eingang des Apollon-Tempels in Delphi zu sehen. Goya beschäftigte sich neben seinen Bildern auch mit dem Unterricht der Kinder und mit geschichtlichen Themen, wie z.B. dem Freiheitskrieg. Das Bild Szene aus dem Freiheitskrieg, 1808-17 war auch in der Ausstellung in Szeged zu sehen. Die symbolische Darstellung der Tiere (z.B. Esel), die dem aufgeklärten sozialen Denken entsprechen, drücken das Benehmen des faulenzenden Adels bzw. den die Arbeit der Bauernschaft ausbeutenden Adel aus. Goya hat eine Gesellschaftskritik im Geist der Aufklärung gegeben, die auch heute besteht.