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Zeitung << 2/2008 << Letternet – ein Klub von Brieffreunden


Letternet – ein Klub von Brieffreunden
Briefe sind noch nicht altmodisch

Autorin: Katalin Eszes

Wer schreibt heute noch Briefe? Sehr viele Menschen ohne unser Wissen. Viele von ihnen sind Mitglieder in einem Klub, der Letternet heißt.

Ich bin Mitglied bei Letternet seit Ende 2004. Ich hatte schon viele Brieffreunde, die schnell aufgaben und dachte mir, eine Anzeige zu schreiben. Ich hatte Glück und sie erschien sofort im Lettermag. Ich dachte, dass ich cirka 30-50 Briefe bekommen werde, aber es wurden mehr als 150. An diesem Punkt zählte ich die Briefe nicht mehr. Ich bekomme auch heute noch Briefe, aber es sind nur noch sehr wenige. Es war angenehm, so viel Post zu bekommen und ehrlich gesagt, wären es weniger gewesen, wenn ich eine Altersgrenze in die Anzeige geschrieben hätte, aber ich habe es vergessen. Es war schwer zu wählen, aber es gelang. Ich wählte drei Mädchen und drei Jungen aus. Heute habe ich von ihnen mit zwei Mädchen und mit einem Jungen immer noch Kontakt. Ich habe noch zwei neuere Brieffreundinnen, die ein bisschen später schrieben.

Warum es sich lohnt?
Ich weiß, dass es Personen gibt, die das Lesen und Schreiben nicht mögen, aber es lohnt sich Briefe zu schreiben. Es ist eine gute Sprachübung. Ich erfahre schon die positive Wirkung des Schreibens. Es fällt mir immer leichter, meine Gedanken auf Deutsch zu formulieren und mein Wortschatz wurde auch reicher.
Warum ist Briefeschreiben noch so gut? Es ist auch ein gutes Hobby. Dadurch lernt man die Person und die Kultur gleichzeitig kennen. Es ist schwer zu erklären, wie viel Freude das machen kann. Du bist nicht mehr allein in der Welt, dein Briefkasten ist nicht mehr leer. Für eine interessante Person ist es nicht mehr langweilig zu schreiben. Diese Briefe sind individuell, weil sie mit der Hand auf buntes, verziertes Papier geschrieben sind. Langsam kennt ihr einander und du wartest auf den Brief so sehr, dass du den Briefträger schon umbringen könntest, wenn der Brief von deinem Freund noch nicht angekommen ist.

Der Klub Letternet
Vor zehn Jahren dachten die Gründer, dass sie den Klub Letternet mit einem Duzend Adressen gründen. Heute haben sie 600.000 Mitglieder aus 160 verschiedenen Ländern, aus allen Kontinenten, aus armen und reichen Regionen, z.B. von Argentinien bis Japan, von Finnland bis Südafrika, von Kanada bis Weißrussland. 10.000 Menschen kommen monatlich zu dieser Zahl. Die Mitglieder schicken 100.000 Briefe an die Redaktion. Sie schreiben über ihre Erfahrungen und erzählen von wunderbaren Menschen, mit denen sie in Kontakt sind oder bitten um neue Brieffreunde.
Der Klub ist hundertprozentig modern. Sie haben eine Zeitung, die Lettermag heißt und eine Webseite. In ihrer Zeitung schreiben sie über interessante Themen. Zum Beispiel berichten sie über Festivals, Feier, Kultur oder Sport. Die Artikel kommen immer auf Deutsch und Englisch heraus. Jedes Mitglied bekommt die zweisprachige Zeitung gratis pro Vierteljahr. Es gibt immer ein Gewinnspiel und viele Anzeigen, um Brieffreunde zu suchen. Jedes Mitglied darf Anzeigen schicken, danach braucht man nur Glück, um in die Zeitung zu kommen. Diejenigen, die jünger als 18 sind, bekommen das Lettermag Young, das nur für sie geschrieben wird. In dieser Zeitung können sie auch nach Brieffreunden suchen. Der einzige Unterschied ist, dass sie mit den Erwachsenen keinen Kontakt haben.
Die Webseite von Letternet ist vielfältig und überschaubar. Hier kann man z.B. um neue Kontakte bitten oder selbst aus fertigen Mustern ein persönliches Briefpapier machen, das man nicht nur drucken, sondern sich auch zuschicken lassen kann. In diesem Fall muss man aber dafür zahlen.
Wenn man Mitglied sein möchte, muss man nur eine Karte mit Angaben (Name, Adresse, Alter, Geschlecht) an die Zeitung zurückschicken oder sich im Internet registrieren. Danach bekommt man einen „Willkommensbrief” von Letternet mit einem Formular über Hobbys und Interessen. Mit Hilfe dieses Blattes werden später mögliche Brieffreunde ausgewählt, wenn man möchte.

Briefe machen Spaß
Manchmal waren die Briefe, die ich bekommen habe, ganz witzig oder sehr überraschend. Ich bekam einen Brief von einem 55-jährigen Briefträger, der mich lobte, weil ich in zwei Fremdsprachen (Deutsch und Englisch) diskutieren kann und dies seiner Meinung nach heute sehr selten ist. Ich suchte deutsch- und englischsprachige Brieffreunde gleichzeitig. Eine Frau schrieb mir sechs Seiten lang und erzählte ihr halbes Leben. Sie schrieb mindestens dreimal, dass sie keinen Kettenbrief bekommen möchte. Die Palette war ganz reich. Ich bekam auch einen Brief von einem behinderten Jungen. Die Mädchen schickten oft Bilder und Steckbriefe, das sind Listen voll mit Angaben, sogar mit dem Namen des Lieblingsessens. Die Absender schrieben meistens über aktuelle Dinge in ihrem Leben, die für sie interessant waren, z.B. eine Geburt, einen Tod, eine neue Arbeitsstelle. Ich musste feststellen, wie nett und weltoffen die Deutschen sind. Meine Daten zeigen, dass Mädchen und Frauen mehr Lust haben, Briefe zu schreiben: vier Fünftel der Absender waren weiblich und 90% der Briefe wurden in Deutschland aufgegeben. In vielen Briefen waren kaum Informationen über den Absender, sie schrieben nur, dass sie mit mir eine Freundschaft knüpfen wollen. Die Personen, die ich ausgewählt habe, lassen mich ihre Persönlichkeit im Brief entdecken. Ihre Briefe waren faszinierend und länger als eine Seite. Besonders mit großen Buchstaben geschrieben ist diese eine Seite sehr wenig. Probier es aus und viel Spaß dabei!