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Zeitung << 1/2009 << Audiovisuelle Eindrücke im Dschungel der Intermedialität


Audiovisuelle Eindrücke im Dschungel der Intermedialität
Jahrestagung des Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim 2009

Autor: Bertalan Fekete

Als wir uns während unserer Studienreise auf den Weg machten und während der Zugfahrt nach Budapest das Programm der Jahrestagung im Institut für Deutsche Sprache in Augenschein nahmen, haben wir uns lange überlegt, welche Vorträge wir uns gerne anhören würden. In diesem Jahr hatte man dank der flexiblen Organisation der Studienreise die Möglichkeit, sich zum Teil eigenständig zu entscheiden, welche Vorträge man sich nachmittags anhören wollte.

Es klingt vielleicht einfach, sich ein Programmheft anzuschauen und Themen auszuwählen, die einen interessieren, aber das war nicht so einfach. Die diesjährige IDS-Tagung war ja von den Themen her etwas exotisch und bot den Anwesenden einen Einblick in die aktuellsten Forschungen der Sprachwissenschaft, wobei der Akzent auf das Thema „Intermedialität“ gelegt wurde. Aus diesem Grund lautete der Titel der Jahrestagung „Sprache intermedial – Stimme und Schrift, Bild und Ton.“
Die Tagung wurde von der Bürgermeisterin der Stadt Mannheim und vom Direktor des IDS, Prof. Ludwig M. Eichinger, eröffnet. Danach erfolgte die Verleihung des Hugo-Moser-Preises, der ein mit 7.500 Euro dotierter Förderungspreis für Nachwuchswissenschaftler ist. 2009 gewann diesen Preis Dr. Alexandra Nicole Lenz, die die Besitzwechselverben des Deutschen wie „geben“ und „nehmen“ erforscht.
Im Laufe der dreitägigen Konferenz legten die einzelnen Vorträge das breite Spektrum der Forschungsfelder innerhalb der Intermedialitätsforschung dar. Zu diesem Themenkreis folgte ein Vortrag auf den anderen, wobei das Publikum Schritt für Schritt in die einzelnen Sphären eingeführt wurde. Es ist hervorzuheben, dass das Deutsche bei den Präsentationen aus eigenständigen Perspektiven, nämlich aus denen der verschiedensten Medien und Vermittlungsorgane der Sprache, betrachtet wurde. Wie man die Sprache in den unterschiedlichen Medien einsetzt, wie die Anwendung der Sprache durch die Anwendung der Medien beeinflusst wird, wie die Transformation der Sprache in den Medien durchzuführen ist oder wie sich das Bildliche und die Sprache miteinander verbinden lassen, waren die zentralen Themenbereiche der Vorträge. Als Verdeutlichung der Problemfälle und als Veranschaulichung setzten die Vortragenden Filmausschnitte, Bilder, Abbildungen, Tonaufnahmen, Telefongespräche und Zeitungsartikel ein.
Am ersten Tag haben wir uns Vorträge zu verschiedenen Themen wie zum Beispiel zum Thema der Medialität, der Kommunikation und der Transkriptivität angehört. Die Organisatoren der Tagung hatten ein Programm zusammengestellt, in dem die aufeinander folgenden Vorträge verschiedene Themenbereiche thematisierten, natürlich jeweils aus anderen Blickwinkeln. Bot der erste Vortrag eine Einsicht in die Theorie der Intermedialitätsforschung, so wurde im folgenden Vortrag sicherlich ein empirisches Thema diskutiert. So alternierten Theorie und Praxis von Vortrag zu Vortrag, wobei das Programm am Ende eine bunte Mischung wurde. Nach den Präsentationen des ersten Tages waren alle Teilnehmer und Gäste der Tagung zum Begrüßungsabend herzlich eingeladen.

Der Begrüßungsabend
Da kam eine große Gesellschaft von Linguisten und Wissenschaftlern zusammen, deren Namen die Studenten bisher nur aus den Studienbüchern kannten. Bei diesem Empfang hatte man die Gelegenheit, die größten Gestalten der germanistischen Linguistik persönlich zu treffen, sie anzusprechen und sich mit ihnen zu unterhalten. Unter den Gästen fand man u.a. die Professoren Stefan Engelberg, Peter Auer, Jannis Androutsopoulos und Ulrich Engel. Für die entsprechende Stimmung sorgten die Brezeln und der Bierkeller. Damit wir mit den Professoren und Wissenschaftlern leichter in Kontakt kamen, setzte sich auch der Szegeder Lehrstuhlleiter Prof. Péter Bassola ein und stellte uns seine Kollegen vor. Danach lief alles wie am Schnürchen. So verbrachten wir Studenten diesen angenehmen Abend im IDS.

Text, Bild und Raum
Am nächsten Tag setzte sich die Vortragsreihe mit Präsentationen zu Themen des Zusammenhangs zwischen Bildern und Texten und der Auswirkungen der Audiovisualität auf die angewandten sprachlichen Mittel fort. Auf das letztgenannte Thema möchte ich nun genauer eingehen, denn das war der Vortrag, der meiner Ansicht nach am besten war. In diesem Vortrag analysierte Prof. Werner Holly Nachrichtenfilme, sie bildeten das Korpus zu seiner Untersuchung. Er hat sich bei seiner Forschung zum Ziel gesetzt, die voneinander abweichenden sprachlichen Mittel und die unterschiedlichen sprachlichen Beschreibungen desselben Nachrichtenausschnittes aus Nachrichtensendungen zu untersuchen. Er machte in seinem Vortrag deutlich, wie eine Lebenssituation durch die Sprache, beispielsweise durch Anaphorik und Kataphorik bei der Gestaltung einer Äußerung geschildert werden kann und wie die diversen Verwendungsweisen der Sprache und die Tricks bei der Sprachverwendung die Rezeption der Äußerungen beeinflussen. Es ist wichtig, die Tatsache zu erwähnen, dass das eine Beispiel ein deutschsprachiger, das andere ein englischsprachiger Nachrichtenfilm war. Dies war keine Analyse der deutschen Sprache, der Vortrag basierte auf Untersuchungen in beiden Sprachen und auf deren Vergleich. Der Aufbau des Vortrags war überaus interessant: das Publikum sah sich zuerst die Filme an, danach wurde die Transkription des jeweiligen kurzen Films analysiert, wobei die Forschungsergebnisse und die Argumente der besseren Sichtbarkeit halber mit unterschiedlichen Farben hervorgehoben wurden.
Am Nachmittag wurden weitere Themenbereiche behandelt: Im Vortrag von Prof. Jannis Androutsopoulos und Prof. Ulrich Schmitz ging es um die Internetsprache und darum, wie geschrieben (oder „gesprochen“) wird, wenn man chattet. Prof. Klaus Neumann-Braun sorgte im Weiteren dafür, dass auch die Musik und die Musikclips nicht unberührt blieben. Am letzten Tag der Tagung ging es um den Raum und den räumlichen Aspekt der Sprache. Alle Vorträge standen mit der Räumlichkeit und der Lokalität der Sprache im Zusammenhang, die mit Bezugnahme auf die Inter- und Multimodalität der Sprache und auf Nähe- und Distanzsprachlichkeit herangezogen wurden.
Die Intermedialität der Sprache sollte – in ihrer Komplexität erfasst – aus mehreren Perspektiven, aus soziologischer, psychologischer und nicht zuletzt aus linguistischer Sicht betrachtet, der gewählten Perspektive angemessen erforscht und anschließend präsentiert werden.

Überzeugender Eindruck
Das Thema der Intermedialität schien uns Studenten vorher – wie im Titel angesprochen – wie ein Dschungel zu sein, den man noch nie betreten hat. Wir landeten auf einem Feld, über das wir kaum Vorkenntnisse hatten und mit dem wir bisher nur ganz kurz in Berührung gekommen waren. Nach den Vorträgen konnte man den Eindruck haben, dass dieser Bereich voller interessanter Forschungsmöglichkeiten ist, wobei auch die individuellen Ideen eine wichtige Rolle spielen können. Egal ob man sich für die geschriebene oder die gesprochene Sprache, für die Erforschung der Text- und Bildbeziehungen oder für die Internetsprache interessiert, bietet das Thema der Intermedialität zahlreiche Forschungsfelder an. Es liegt nur und ausschließlich an einem selbst, inwieweit die Intermedialität und die medialen Eigenschaften der Sprache und der Sprachverwendung bei den durchzuführenden Analysen mit einbezogen werden. Man kann sich eine eigene Perspektive aussuchen, seinen Themenbereich aus dem breiten Spektrum der Intermedialitätsforschung. Und natürlich kann man seine eigene Herangehensweise selber auswählen. Ich kann es allen nur empfehlen, sich in das Thema der Intermedialität ein bisschen zu vertiefen und den intermedialen Aspekten der Sprache Aufmerksamkeit zu schenken.