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Zeitung << 1/2009 << Praxiskontakte
Praxiskontakte
Praxisorientierte Leistungen während des Studiums
Autor: Kornél Kovács
Übung macht den Meister – sagt der wohlbekannte Spruch. Man studiert brav und tüchtig mehrere Jahre lang, eignet sich eine Menge Kenntnisse an, kennt den verwickelten Lebenslauf von Goethe und Schiller, kann die Zeichentheorie von Pierce auch im Schlaf anführen, analysiert Sätze nach der traditionellen Syntax und plötzlich und unvermerkt steht man im Tor des Arbeitsmarktes. Dort stößt man sofort auf die Gretchenfrage: Wovon verstehen Sie etwas? Nur das Studium reicht dem Arbeitnehmer nicht. Es muss eine Phase geben, die zwischen dem Studium und der Arbeit steht und den Übergang erleichtert. Es gibt eine Lösung, die Götter haben nämlich den vielbedeutenden aber auch vagen Begriff Praxiskontakt erfunden.
Mitte März 2009, Köln. Eine Studentengruppe aus Szeged sitzt im Auslandsamt der Universität zu Köln und hört den Vortag des Büroleiters. Es geht um das Studium in Deutschland. Die vorige Nacht – wie in einer „durchschnittlichen“ Studienreise – war recht anstrengend, und die Informationen fließen in Strömen. Es ist schwierig aufzupassen. Aber wie auf einen Zauberschlag hin erklingt das Wort Praxiskontakt. Was ist das? Wer braucht das? Ich muss aber nicht lange auf die Antwort warten: Es handelt sich um praxisorientierte fachliche Leistungen (eigentlich praktische Erfahrungen im Fach), die man während des Studiums, aber außerhalb der Lehrveranstaltungen, erbringt. Und wer das braucht? Jeder einzelne Student, der den Wechsel zwischen Universität und Arbeitsplatz und die damit verbundenen Schwierigkeiten überwinden will. Das in Ungarn Unausgesprochene nimmt jetzt endlich sprachliche Form an: Zum Erfolg zählen nicht nur die Noten.
Seitdem beschäftigt mich das Thema besonders, und ich mache mir ständig Gedanken darüber, was man machen kann, um Praxiskontakte zu knüpfen. Inzwischen habe ich mehrere Bekannte angesprochen, was sie meinen, was man als Germanistikstudent in Ungarn extra leisten kann, was für Möglichkeiten es gibt, sich in praktischer Hinsicht weiterzuentwickeln.
In erster Linie muss man zugeben, dass in Ungarn die Alternativen recht beschränkt sind. Es ist nicht üblich und verbreitet, den Studierenden fachorientierte Stellen anzubieten. Im Gegensatz dazu wird das in Deutschland gefordert und von den Studierenden erwartet. Aber wir dürfen auch nicht aufgeben, man muss die rosarote Brille ablegen und die Türen selbst öffnen.
Eine praktische Aufgabe ist beispielsweise die Textproduktion. Wir Szegediner Germanisten haben es da gut, da wir das GeMa haben. Wenn jemand Gedanken und Erfahrungen mitteilen will, die den anderen nützen können, kann man darüber einen Artikel schreiben. Es besteht die Möglichkeit das in Form eines Artikels auf den Blättern unserer Studentenzeitung GeMa zu veröffentlichen. Man muss dazu auch kein aktives Redaktionsmitglied sein.
Oft sehe ich einige Kommilitonen in unserem Wissenschaftstempel, der Universitätsbibliothek TIK, die gerade Texte übersetzen. Sie bereiten sich aber nicht auf irgendeinen Kurs vor. „Ich habe einen Auftrag“ – höre ich von ihnen. Am Anfang sind es kleinere Arbeiten für Freunde oder andere Studenten, aber später – wenn man gut ist – kann man sein Taschengeld durch Übersetzungen schön ergänzen. Nicht zuletzt wird man durch die viele Übung besser. Und das wäre das eigentliche Ziel.
Eine besonders praxisorientierte Arbeit ist das Lehramt, das die meisten von uns ausüben werden. Dabei reicht es aber nicht, dass man die Sprache beherrscht. Man muss die Informationen vermitteln und mit Kindern umgehen können. Und das ist das Schwierige daran. Also Leute, schnell eine Kleinanzeige in das Szegeder Anzeigenblatt Déliapró schreiben und zwar mit dem Motto: Die Brücke zwischen Schüler und Lehrer bildet der Student. Nimm Privatstunden bei mir. Mit diesem Werbeslogan ist einem die Aufmerksamkeit an der deutschen Sprache weniger begabter „Patienten“ sicher. Diese Stunden sind gut für die Studenten, aber nicht nur finanziell. Man kann dabei auch viel lernen: Einerseits vertieft man seine Sprachkenntnisse, andererseits übt man, wie man mit Menschen umgehen muss. Lehrer zu sein ist eine komplexe Aufgabe. Man fängt klein an, die Schüler zu motivieren, die Lehrlinge in Disziplin zu halten, eine Unterrichtsstunde den Kenntnissen der Schüler gemäß zu konstruieren. Und so wird man nach dem Studium am Katheder nicht wie der Ochse vor dem Berg stehen.
Dies sind vielleicht nur die wichtigsten, für alle Germanistikstudenten umsetzbaren Möglichkeiten, Praxiserfahrungen zu sammeln, mit denen man sich auf das künftige Arbeitsleben vorbereiten kann. Daneben gibt es noch viele Optionen, man muss seiner Fantasie einfach freien Lauf lassen: Sommerjob in Deutschland, Konferenzteilnahme, wissenschaftliche Arbeit schreiben (z.B. eine TDK-Arbeit), Filmabende organisieren, alles was das Herz eines möglichen Arbeitgebers begehrt. Auf jeden Fall möchte ich alle auffordern mehr zu leisten und fachbezogene Praxiserfahrungen zu sammeln. Viel Spaß dabei!
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