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Zeitung << 2/2009 << Kerndeutschstunde in Mezõberény


Kerndeutschstunde in Mezõberény
Ein Grundstein zur zweisprachigen Bildung

Autorin: Csilla Sztankó

Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich als Erstsemester der Germanistik darüber erstaunt war, wie locker und fließend die Studenten und Studentinnen sprechen können, die ein bilinguales Gymnasium besucht hatten. Als ich erfuhr, dass wir in diesem GeMa-Helft das bilinguale System behandeln werden, bewarb ich mich für die Aufgabe mit großem Engagement.

Sieben Uhr morgens fuhr unser Bus vom Marsplatz in Szeged ab. Trotz des frühen Zeitpunkts und der eisigen Kälte waren wir mit András Horváth gut gelaunt und auf den uns bevorstehenden Tag gespannt. Unser Hauptziel war das Petõfi-Sándor-Gymnasium. Die Zeit verbrachten wir mit Erinnerungen an die Schulzeit und mit der Vereinbarung der möglichen Interviewfragen. Nach einer fast dreistündigen Fahrt stiegen wir in Mezõberény aus.
Im Gymnasium angekommen führte unser erster Weg ins Lehrerzimmer. Für die DeutschlehrerInnen gibt es ein getrenntes Lehrerzimmer im Wohnheimgebäude, in dem die meisten Deutschstunden stattfinden. Alle haben uns sehr nett empfangen, die Direktheit und Freundlichkeit der LehrerInnen hat mich besonders gefreut. Da Mezõberény nicht weit von Szeged liegt, haben viele von ihnen an der Universität Szeged studiert. Daher haben sie großes Interesse für die Neuigkeiten des Unilebens gezeigt. Mit einer kleinen Kaffeepause verbunden hatten wir die Möglichkeit, davon zu erzählen und uns schon ein bisschen über den Unterricht im Petõfi Gymnasium zu informieren.

Die Deutschstunde
Nach diesem kurzen Infoaustausch hat uns Szilvia Lajkóné Hajdu, ehemalige Germanistin der Uni Szeged, in ihre Klasse geführt. Als wir ins Klassenzimmer eintraten, haben uns zehn ängstliche Gesichter empfangen. Im Petõfi Gymnasium ist es ganz gewöhnlich, dass die Sprachstunden in so kleinen Gruppen laufen. Diese Gruppe hatte gerade Kerndeutschstunde, in der die Schüler allgemeine Sprachkenntnisse wie Wortschatz und Grammatik erwerben können. Sie ist ein relevanter Teil der bilingualen Bildung. Die Schüler haben in der neunten Klasse 20 Deutschstunden in der Woche: Davon sind zwölf Kerndeutsch-, vier Konversationsstunden und in weiteren vier Stunden haben die Schüler die Möglichkeit ihre schriftliche Ausdrucksweise zu entwickeln. Da es Szilvias Klasse war, hat sie die Stunde mit organisatorischen Sachen angefangen. Diese hat sie schnell auf Ungarisch erledigt. Die Klasse war in der Zeit ziemlich lebendig, die Schüler haben miteinander geflüstert und gespaßt. Nachdem Szilvia mit der Organisation fertig war, wurde kein Wort mehr auf Ungarisch gesprochen. Es war interessant zu sehen, dass sich die ganze Klasse ab diesem Zeitpunkt anders verhalten hat. Alle haben Szilvia aufmerksam zugehört. Szilvia schuf mit der ausschließlichen Benutzung der deutschen Sprache eine Atmosphäre, in der man intensiv und effektiv arbeiten konnte. Weil es eine Anfängergruppe war, wurden Grundthemen behandelt wie die Konjugation von ’wissen’ und wie man die Wörter ’wissen’ und ’können’ benutzt.
Nach der Stunde diskutierten wir über den schönen, aber manchmal auch strapaziösen Beruf der LehrerInnen. Szilvia hat erzählt, dass sie nach dem Konzept unterrichtet, dass sie während der Stunde möglicherweise nichts auf Ungarisch erklärt, auch wenn es am Anfang öfter nur mit „Händen und Füßen“ durchführbar ist. Sie lehrt aber nicht nur Anfängergruppen, sondern auch höhere Klassen. Der schnelle Wechsel zwischen zwei so unterschiedlichen Niveaus stellt sie vor große Herausforderungen. Sie muss in einer Gruppe den Grundwortschatz benutzen und alles so einfach und elementar wie möglich erklären, während die Schüler, die sich schon auf das DSD (Deutsches Sprachdiplom) vorbereiten, Erklärungen auf einer anderen, anspruchsvolleren sprachlichen Ebene benötigen.
Für mich war dieser eintägige Ausflug nach Mezõberény eine Zeitreise, er hat mich in zwei unterschiedliche Zeitschichten geführt. Einerseits war es ein Sprung zurück in die Vergangenheit – meine Schulzeit liegt ja noch nicht so lange zurück. Der Anblick der SchülerInnen regte mich zur Erinnerung an eigene Schulgeschichten an. Andererseits ist mir die Zukunft als Deutschlehrerin erschienen. Jedenfalls hat mich dieser Tag im Petõfi Gymnasium mit schönen Erlebnissen bereichert.