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Zeitung << 1/2010 << Deutsche Sprichwörter


Deutsche Sprichwörter
Lernstoff für Fremdsprachenlerner

Autorin: Andrea Lörinc

In jeder Lebenslage, in jeder Laune und zu jeder Tageszeit begleiten uns – in jeder Sprache dieser Welt – die geflügelten Worte, Phraseologismen, Lehrsätze, Redewendungen – Sprichwörter. Was hat es eigentlich auf sich mit den oft besserwisserisch klingenden kleinen Sätzchen? Und welche Möglichkeiten bietet die Universität Szeged Interessierten, sich mit deutschen Sprichwörtern auseinander zu setzen?

Mónika Hevesi, die an der Universität Szeged Deutsch als Fremdsprache studiert und derzeit ihre Diplomarbeit über die Bekanntheit deutscher Sprichwörter in Göttingen und Szeged schreibt, kennt sich in diesem Thema mittlerweile gut aus: „Durch meine Diplomarbeit habe ich unter anderem neue Einblicke in den heutigen Sprachzustand bekommen.“ So weiß sie weiter: „Die älteren Germanistikstudenten an unserer Universität kennen Sprichwörter besser als die jüngeren. Insgesamt haben wir aber nur ganz wenige Veranstaltungen zu diesem Thema, und diese Kurse kann man frei wählen. Studenten, die sich eher für ein anderes Thema interessieren, wissen eben nicht so viel über Sprichwörter.“ Es scheint also eine Frage der Interessensverteilung zu sein.
Dabei sind es die deutschen Sprichwörter durchaus wert, sie zu studieren und kennen zu lernen. Sie sind eine spannende und vor allem traditionelle Art, moralische Werte für jedermann zu vermitteln. Ein prägnanter origineller Satz oder Ausruf, der für jeden Zustand die passende Verhaltensregel vorgibt, kommt doch besser an und bleibt besser im Ohr als herkömmliches Tadeln. Trotz oder eben wegen ihres traditionellen Ursprungs hört man sie im Deutschen aber auch in alltäglichen Gesprächen, sie fließen einfach mit ein und passen in vielen Situationen wie die Faust aufs Auge. Was sonst durch umständliche Umschreibungen gestopft werden müsste, füllt ein Sprichwort mühelos. Sie sind ein traditionelles i-Tüpfelchen in unserer modernen Kommunikation, machen die Sprache bunter und so manche Konversation spannender. Sie bringen schlicht und ergreifend Leben in die Bude. Dies weiß auch Mónika. „Sprichwörter sind interessant, weil sie häufig grammatikalische Konstruktionen vorweisen, die in der heutigen Sprache eben nicht mehr zu finden sind und auch nicht unbedingt dem modernen Denken entsprechen“, so die Diplomandin.
Da ist es nicht verwunderlich, dass sich auch die Werbeindustrie oder der Journalismus der Sprachmittel bedient. So verwenden kluge Köpfe in ihren Werbeslogans oder Artikeln Redewendungen, mal verdreht oder entzerrt, vom ursprünglichen Sinn abgewichen, und peppen so ihre Arbeit auf. Die Aufmerksamkeit der Hörer/innen, Leser/innen oder Zuschauer/innen wird erhöht und bei lebhaften spielerisch gestalteten Texten, die mit dem gewissen Etwas, einem pfiffigen Gedanken ausgestattet sind, auch das ein oder andere Grinsen hervorgekitzelt. Auch psychologisch ist die Verwendung von Sprichwörtern oder ihrer Abwandlungen sinnvoll, denn sie schaffen eine Vertrautheit und eine leichtere Identifikation mit dem Beworbenen. Auch Mónika sieht die Verwendung von Sprichwörtern heutzutage vermehrt im Journalismus und in der Werbeindustrie, wo sie „als Spielzeug“ benutzt würden. Spannender sind sie allemal: Ob PEPSI mit „Jetzt können Sie Ihr süßes Wunder erleben“ wirbt oder die Lichttechnik von PHILIPS: „Damit geht Energiesparern ein Licht auf“, die Werbeindustrie hat das Potenzial der deutschen Redewendungen entdeckt.
Als Nichtmuttersprachler mag einem die Verwendung von Sprichwörtern in einer fremden Sprache abschreckend und schwierig erscheinen, was jeder nachvollziehen kann. Doch trotzdem sollte niemand, der es mit den deutschen Redewendungen nicht gebacken kriegt, den Kopf in den Sand stecken, denn mit Verdrehungen und Verwechslungen kann man sicher den ein oder anderen Lacher ernten, und man bedenke: Lachen ist gesund!
Auch unsere Expertin weiß um die Schwierigkeiten, die bei der Verwendung deutscher Sprichwörter auftauchen können: „Sprichwörter kommen eher in speziellen Situationen vor. Deshalb verwende ich persönlich sie nicht gerne. Außerdem sind sie grammatikalisch nicht logisch. So heißt es zum Beispiel: Früh übt sich, was ein Meister werden will. Dass es ´was´ lautet und nicht ´wer´, ist für uns unverständlich.“
Für alle Germanistikstudierenden, die sich für das Thema interessieren und ihre Kenntnisse über Redewendungen auffrischen, vertiefen und üben wollen, sei auf ´SprichWort´ verwiesen, eine Internet-Lernplattform für das Sprachenlernen, die unter anderem von der Universität Szeged betreut wird. Das internationale Projekt hat es sich zur Aufgabe gemacht, Fremdsprachenlerner/innen-, sowie Entwickler/innen von Lehr- und Lernmaterialien neue Informationen zum heutigen Sprichwortgebrauch in verschiedenen Sprachen und Kulturen zu bieten.
Unter dem Link www.sprichwort-plattform.org finden Interessierte zahlreiche Informationen, Wissenswertes sowie Übungen und Aufgaben, die helfen, mit den deutschen Sprichwörtern warm zu werden. An alle: Übung macht den Meister, also Butter bei die Fische und rein ins (Sprichwort-) Vergnügen!


SprichWort-Plattform
Eine Internet-Lernplattform für das Sprachenlernen


Die SprichWort-Plattform ist ein EU-Projekt, an dem sechs Länder der EU beteiligt sind: Deutschland, Österreich, die Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn. Das Ziel des Projektes ist Sprichwörter zu popularisieren und die Aufmerksam darauf zu richten, dass Sprichwörter ein wichtiges Kulturgut der Sprachgemeinschaft sind.
Von der ungarischen Seite nehmen zwei Mitarbeiter der Universität Szeged am Projekt teil: Tamás Forgács und Tamás Kispál. Ihre Aufgabe ist nicht nur ungarische Äquivalente für die deutschen Sprichwörter zu finden, sondern auch Erläuterungen zu den einzelnen ungarischen Sprichwörtern zu schreiben. Die Plattform enthält aber nicht bloß die Datenbank. Zahlreiche Übungen und Aufgaben stehen den Lernern zur Verfügung, um Sprichwörter erkennen, verstehen, festigen und verwenden zu können.
Um das Projekt vorzustellen, haben Dr. Tamás Forgács und Dr. Tamás Kispál am 13. Mai 2010 einen Workshop an der Universität Szeged gehalten. Dabei wurden die Datenbank bzw. die Aufgaben und Übungen auf der Sprichwort-Plattform ausführlich dargestellt. Dieser Workshop war nicht der einzige Versuch, das Projekt und die Lernplattform bekannt zu machen. Im Rahmen eines linguistischen Seminars von Tamás Kispál konnten die Interessierten an der Universität Szeged verschiedene Websites kennenlernen und sie mit der Sprichwort-Plattform vergleichen, und verschiedene Referate und Vorträge darüber und über das Projekt hören.
Wer mehr erfahren möchte, hat die Möglichkeit auf Facebook oder Myspace mit dem Projekt SprichWort befreundet zu sein und damit regelmäßig neue Informationen zu erhalten. Die Betreuung dieser Websites erfolgt von Studierenden aus den am Projekt teilnehmenden Ländern. Von der ungarischen Seite sind dabei die Szegeder Germanistikstudierenden Anikó Mészáros und Krisztián Mányó vertreten.
Die SprichWort-Plattform kann man all denen empfehlen, die Deutsch lernen. Die Aufgaben und Übungen werden stufenweise aufgebaut. Sie sind für Lernende auf den Niveaus B1 bis C2 geeignet. Viel Spaß dabei!
Anikó Mészáros