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Zeitung << 1/2011 << Eine Tragödie, die zum Lachen bringt
Eine Tragödie, die zum Lachen bringt
Flix: Faust als Graphic Novel
Autor: Zoltán Tóth
„Jedes Gespräch wird durch den geweihten Namen beherrscht, jede neue Publikation über Goethe beklatscht – er selbst aber nicht mehr gelesen, weshalb man auch die Werke nicht mehr kennt, die Kenntnis nicht mehr fortbildet“, so Gottfried Keller. Dieses Zitat finde ich deswegen so passend, weil vielleicht genau durch jenes Buch, über das hier rezensiert wird, Faust den Lesern des 21. Jahrhunderts etwas näher gebracht wird.
Flix ist der Künstlername von Felix Görman, der im Jahre 1998 seinen ersten Comic-Debüt-Band, mit dem passenden Namen„Who the fuck is Faust?“, herausbrachte. 2005 ist sein erster Sammelband unter dem Titel „Verflixt - ...und jetzt?!“ erschienen. Die Ironie des Schicksals lässt ihn in seinem momentan neusten Werk seine einstige Frage selbst beantworteten.
Schon der Titel „Faust. Der Tragödie erster Teil“ lässt erahnen, dass es sich hierbei um die Aufarbeitung von Goethes Werk zu einer Graphic Novel handelt. Um dem Leser einen Einblick in jene Welt zu gewähren, ist der Prolog im Himmel nur allzu gut geeignet. Schon die Erschaffung von Universen durch Gott wird am Rechner getätigt, mit einem Schöpfungsprogramm dessen Name ganz einfach „MYSPACE“ ist. Die Person des Faust wird nach dem Zufallsprinzip am PC ermittelt, und anschließend wird er mit Hilfe eines riesigen Teleskops gefunden. Der Herr und Mephistopheles haben zuerst Probleme mit der genauen Bedienung, aber schließlich klappt alles.
Fausts Geschichte wird in der Gegenwart erzählt, wobei der Herr ein Krawatten tragender älterer Mann ist, und Mephistopheles, oft nur Meph genannt, ist jemand, der alles tun würde, um die Liebe der Hauptcharaktere zu gewinnen. Wer nach dem einzig wahren Glauben sucht, ist hier falsch, denn die Götter der großen Religionen sind hier alle Kollegen, die auch ab und zu gemeinsam essen gehen.
Der Ausgangspunkt der Geschichte ist, ähnlich dem Original, eine Wette Gottes mit Meph. Fausts Umfeld unterscheidet sich aber in vieler Hinsicht von der Welt, die Goethe beschrieb. Faust ist ein gescheiterter Student, lebt in Berlin und jobbt als Taxifahrer. Die von ihm begehrte Margarete hat einen türkischen Migrationshintergrund und eine streng muslimische Mutter, und sie arbeitet im Bioladen – da sind Schwierigkeiten vorprogrammiert. Gespickt mit Anspielungen auf Goethes Original wird die Geschichte neu erzählt. Dabei erfahren wir, wie es im Himmel aussieht, wie Götter mit ihren Gläubigen kommunizieren, wie das Leben nach dem Tod aussieht oder wie es um Gottes Kreislauf steht. Wie geht Fausts und Gretchens Geschichte im 21. Jahrhunderts aus? Eine Frage, der sich wohl nur wenige FaustliebhaberInnen entziehen können.
Flix’ Schöpfung wird einigen GoetheliebhaberInnen missfallen, denn das Werk eines der größten deutschen Dichter in dieser Form kann niemals die Vollkommenheit des Ausgangstextes erreichen – will es aber auch nicht. Es ist ein Buch, das mit Humor und Bildern die strenge und manchmal bedrückende Welt von Faust wiedergibt. Auf die Feststellung Gottfried Kellers, dass Goethe nicht mehr gelesen wird, zurückkommend, muss ich sagen, dass ich während der Lektüre von Flix’ Werk eine Ausgabe von Goethes Faust parallel gelesen habe, denn nur so kann man das ganze Potenzial einer so vielschichtigen Graphic Novel genießen und sie nicht nur als Schund abstempeln.
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