Startseite | Impressum | Zeitung | Beiheft | Archiv nach Autoren | Archiv nach Rubriken








Zeitung << 1/2011 << „Viel toller, als ich erwartet habe!“


„Viel toller, als ich erwartet habe!“
Interview mit der Berliner Praktikantin Julia D.

Autorinnen: Andrea Kálmán, Boglárka Pap

Ende Februar 2011 hat eine nette Studentin aus Berlin die Stadt des Sonnenscheins besucht, um als zukünftige Lehrerin ein Praktikum in Szeged zu machen. Obwohl Julia D. an dem Sonnenschein nicht teilhatte, konnte sie die Uni Szeged, die ungarischen Menschen, SchülerInnen und LehrerInnen Gewohnheiten und natürlich die Stadt ein bisschen näher kennenlernen. Wir wollten ihre Meinung über Kultur, ihre Eindrücke über das Land und ihre Erfahrungen über das Unterrichten hören.

Könntest du zuerst einige Informationen über dich selbst sagen?
Ich wohne momentan in Berlin, studiere an der Technischen Uni Berlin Deutsch als Fremdsprache, ich bin im ersten Mastersemester. Und ich bin auf die Idee gekommen, das zu studieren, weil ich ein halbes Jahr in Frankreich als Fremdsprachenassistentin unterrichtet habe. Das heißt, dass man als Fremdsprachenassistentin den Deutschlehrern assistiert, hilft, kleine Gruppen unterrichtet, didaktisches Material erstellt, und mit den Lehrern zusammenarbeitet. Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich darin eine Ausbildung bzw. einen Abschluss haben wollte.

Warum bist du nach Ungarn gefahren? Hat jemand es dir empfohlen?
Durch eure ehemalige Lektorin Ellen Tichy bin ich nach Ungarn gekommen. Wir haben bei ihr ein Seminar an der Uni, und das war so aufgebaut, dass sie immer das deutsche System mit dem ungarischen System verglichen hat. Frau Petneki und Herr Kispál waren auch schon bei uns und haben Vorträge über Ungarn gehalten und Werbung gemacht für Szeged und für das Erasmusprogramm. Da habe ich gefragt, ob ich ein Praktikum machen kann.

Wie hast du dich in Szeged zurechtgefunden?
Ich bin zuerst in Budapest angekommen, von Budapest nach Szeged mit dem Zug gefahren, und hier hat mich eine Kommilitonin von euch, Viktória, abgeholt, und sie hat sich sehr gut um mich gekümmert. Sie hat mir am nächsten Tag die Stadt, die Uni gezeigt. So war ich nicht so einsam.

Die Leute haben oft einige Vorurteile, deshalb sind wir sehr neugierig, wie dein erster Eindruck von Ungarn war.
Da ich noch nie in Ungarn war, wusste ich nicht, wie ich es mir vorstellen soll. Und ich hatte auch keine Erwartung. Ich habe gedacht, dass es halt in Osteuropa liegt. Ich habe gedacht, dass es auch eine Welt ist wie Tschechien, Polen und wie Russland. Aber als ich angekommen bin, war ich erstaunt, wie modern es eigentlich ist. Ich finde die Stadt niedlich, es gibt sehr viele Studenten hier, es ist sehr preiswert für deutsche Touristen. Ich finde es eine attraktive, schöne Stadt.
Auf jeden Fall ist Szeged viel toller, als ich erwartet habe. Als ich in Budapest angekommen bin, da war ich wirklich: „Wow! Das ist mein allererstes Mal in Ungarn und ich bin wirklich beeindruckt. Ich mag das Land.“
Ich kann Englisch sprechen, Französisch, wenn ich nach England oder in ein englischsprachiges Land fahre, da ist es viel einfacher, mich zurechtzufinden. Aber in Ungarn, in Szeged, wo wenige Leute Englisch sprechen, ist man ein bisschen verloren.

Wie geht es dir hier im Alltag, wenn du kein Ungarisch kannst?
Ich schlage mich schon durch. Viele sprechen doch Englisch und ich habe immer eine kleine ungarische Liste mit „Wie viel kostet das?“, „Was ist das?“ usw. Ich habe ungarische Freunde, die Deutsch sprechen und übersetzen können. Aber ich muss sagen, es ist schon wichtig, wenn man in ein Land geht, dass man die Sprache spricht. Weil du erst durch die Sprache den Zugang zu den Menschen und zu der Kultur kriegst. Und da ich die Sprache nicht kenne, fühle ich mich doch ein bisschen ausgegrenzt. Sobald an der Uni oder in der Schule Ungarisch gesprochen wird, verstehe ich nichts mehr und es ärgert mich. Wenn ich jetzt hier länger geblieben wäre, hätte ich mir sofort einen Sprachkurs besorgt. Außerdem ist es auch eine Herausforderung eine neue Sprache zu lernen, vor allem Ungarisch, das sehr schwer ist. Ich habe mal gelesen, dass eine Deutsche 90 Stunden braucht zum Englischlernen, weil die beiden Sprachen verwandt sind. 120 Stunden, um Französisch zu lernen, und 250, um Ungarisch oder Türkisch zu lernen, dass man im Alltag kommunizieren kann. Aber ich würde es trotzdem versuchen.

Was hast du hier als Praktikantin gemacht?
Ich war am Gymnasium Ságvári als Praktikantin, wo ich mit den Lehrern richtig gut zusammenarbeitet habe. Für sie war es interessant, eine deutsche Muttersprachlerin zu haben, und da ich schon Erfahrungen im Unterrichten habe, habe ich einige Stunden von ihnen übergenommen und einfach unterrichtet. Sie haben einfach hinten im Klassenzimmer gesessen. Und das war für die Lehrer und auch für die Schüler interessant, deutsche Muttersprachler zu haben. Ich habe auch viele typische deutsche Sachen gezeigt, wie deutsche Musik oder deutsche Landeskunde. Es war eine wirklich interessante Erfahrung für beide Seiten.

Wie waren die Schüler, was für ein Niveau haben sie?
Ich habe schon in Deutschland und in Frankreich unterrichtet, und ich finde die ungarischen Schüler, zumindest am Gymnasium Ságvári, sehr diszipliniert, höflich und interessiert. Ich fand auch ihr Sprachniveau sehr gut. Ich bin also begeistert von Ungarn. Ich werde es auch weiteren Praktikanten weiterempfehlen, weil es wirklich Spaß gemacht hat. Aber die Schüler sind sehr scheu. Ich musste sie ganz direkt auffordern, zu antworten, weil sie nichts sagen. Mir wurde auch gesagt, dass das die ungarische Mentalität ist, dass sie scheu sind und sich nicht trauen. Sie haben Angst zu sprechen.

Wie hast du deine Freizeit hier verbracht?
Ich habe viel Zeit mit Viktória verbracht, sie hat mir die Kneipen gezeigt und die Cafes. Sie hat mir ihre Freunde vorgestellt. Mit Andrea Rebb, die aus Köln kommt und hier Erasmus macht, habe ich auch viel Zeit verbracht. Am Wochenende war ich in Budapest, wo ich mich mit meinen deutschen Freunden getroffen habe. Ich mag Budapest, das ist eine sehr, sehr beeindruckende schöne Stadt, die sehr, sehr stark von Wien beeinflusst ist.

Was sind deine Ziele?
Ich möchte gerne meinen Abschluss schaffen und Deutsch unterrichten.

Wo möchtest du unterrichten? In Deutschland? Oder vielleicht in Ungarn?
Ich kann es mir in Deutschland vorstellen, aber auch im Ausland. Ich bin ganz offen.