Startseite | Impressum | Zeitung | Beiheft | Archiv nach Autoren | Archiv nach Rubriken








Zeitung << 1/2011 << Jeden Sonntag im Zeichen der Liebe und Musik


Jeden Sonntag im Zeichen der Liebe und Musik
Eine Geschichte über einen Park an der Mauer in Berlin

Autorin: Adrienn Jurkovics

Wenn man an Berlin denkt, fällt schnell auf, dass es nur wenige Orte gibt, wo man eine gemischte Form der Geschichte und Unterhaltung finden kann. Wenn man Reisebücher liest, wird ein Platz im Herzen Berlins genannt, wo man Tradition und Moderne zusammen beobachten kann. Ein Stück Berlin. Und wie das die Plakate, durch die Berlin seine Multikulturalität betonen möchte, auch zeigen: Es handelt sich hierbei um eine andere Welt, um den Mauerpark.

Mauerpark. Ein Platz an der Grenze der ehemaligen Bezirke Prenzlauer Berg und Wedding. Der früher als Grenze zwischen West- und Ost-Berlin fungierende Platz hat heute eine absolut andere Funktion. Doch beginnen wir am Anfang.

Die Geschichte des Mauerparks
Ab 1961 bildete er das Grenzgebiet zwischen den zwei Teilen Berlins. Wedding hat nach 1945 zum französischen Sektor gehört, während Prenzlauerberg den sowjetischen Sektor verstärkte. Die Mauer lag in einem Tal in der Mitte der Stadt. Nach dem 13. August 1961 wurde der Todesstreifen der geschlossenen Grenze entlang der Mauer gezogen. Nach dem Abriss der Mauer hat die Stadt einen neuen Plan für die Berliner Parks machen lassen. Die Allianz Umweltstiftung hatte sich dazu entschieden, 4,5 Millionen DM zur Gestaltung des neuen Parks und zum Umbau des 7,1 Hektar großen Teils von Prenzlauerberg zu geben. Der Umbau wurde 1994 abgeschlossen und der Park an Vivico weitergegeben – die Vivico Real Estate GmbH ist eine Immobiliengesellschaft mit einem Portfolio von rund 220 Immobilien. Der Park wurde zunächst von Kindern genutzt, aber 2004 wurde er zu einem Trödelpark umfunktioniert. Und hier beginnt die Moderne und endet die Geschichte des Parks.

Der Mauerpark heute
Wie sieht er heutzutage aus? Wenn wir bei der Bernauer Straße aus der U-Bahn aussteigen, ist in unserem Brustkorb das Gefühl der Freiheit und des Glücks spürbar. Da verändert sich die Welt ein bisschen und wir fühlen uns wie im Amerika der 60er Jahre. Alle fahren Fahrrad und tragen Second-Hand Kleidung, keiner verspürt den Zwang immer gut gekleidet zu sein. Als ich das erste Mal da war, hatte ich Angst, weil ich die Richtung zum Mauerpark vergessen hatte, aber auf der Straße habe ich mich beruhigt, weil man nur den Hippies folgen musste.
Die Verkäufer sitzen entlang der Staße und die Musik führt uns zum Ziel. Die Pflastersteine führen uns in den Park hinein und helfen uns, aus der perfekt aufgebauten Welt in eine andere, ältere, schmutzige, schluderige zu schreiten. Mehrere Hektar Gras nur für die Leute, die Spaß haben möchten.
Wir spazieren neben den Straßenmusikern. Sie spielen da rund um die Uhr und machen durch die Musik jede Stunde so froh, als wäre es die erste. Zur linken Seite findet man den berühmtesten und beliebtesten Teil des Parks: den Flohmarkt.

Der Flohmarkt im Mauerpark
Ein riesengroßer Markt mit hundertundeins Kleinigkeiten, Schmuckstücken, Möbeln, Fahrrädern, Kleidungen und mit Dingen, die man bisher nie benutzt hat oder nur als Kultnarr benutzen würde. Man kann auch Edelsteine finden, für die z.B. auch ich mich begeistern konnte. Zwischen den Bänken ist mir eine kleine Audiokassetten-Sammlung aufgefallen, die von den anderen Kassetten separiert war. Ich habe sie mir angeguckt, und habe eine bis dato für mich absolut unbekannte Art von Kassetten gesehen, die audio Porno-Kassetten der DDR. Ich war total überrascht, und dachte, dass niemand so welche Kassetten hören möchte; aber dann habe ich einige Bilder darüber auf Facebook gepostet und gleich zirka zehn Bestellungen für die Kassetten bekommen. Nach meiner Meinung ist dieser Flohmarkt der größte in Berlin.

Freizeitgestaltung im Mauerpark
An jedem Sonntag wird ein Festival organisiert. Wenn wir nicht auf dem Markt spazieren und shoppen möchten, dann können wir dem prächtigsten Karaoke-Gesang der Welt zuhören. Nach der Süddeutschen Zeitung ist es eine „Karaoke-Begeisterung unter freiem Himmel“ und nach meiner Meinung das absolut begeistertste Publikum, das ich in meinem Leben gesehen habe. Als ich das erste Mal den Mauerpark besuchte, hörte ich einen Chinesen, der das Lied von „Pretty Woman“ sang. Der Jubel war unglaublich! Alle schrien, weil ein Chinese auf der Bühne sang. Auf Englisch, aber mit einem starken chinesischen Akzent, so was hört man nicht alle Tage.
Wenn man etwas Aktives machen möchte, kann man aus vielen Sportmöglichkeiten wählen. Man findet da Orte für Boulespieler, Freizeitkicker, Basketballer oder Jongleure. Drei Basketballplätze liegen neben der Karaoke-Bühne, und wenn man ein bisschen weiter spaziert, kommen weitere Plätze.
Diese Underground-Kultur bildet im Mauerpark eine für sich allein stehende „Kolonie“, sie verändert die Umgebung durch Graffitis und durch sich selbst. Wenn man da im Gras sitzt, mit einem Bier in der Hand, die traditionelle Musik aus all den verschiedenen Ländern der Welt hört und mit den Freunden plaudert, fühlt man sich so, wie sich wahrscheinlich früher die Jugendlichen in Woodstock gefühlt haben: Jeden Sonntag im Zeichen der Liebe und Musik.