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Zeitung << 1/2011 << Noch ein Buch mehr im Regal?


Noch ein Buch mehr im Regal?
Lehrbuch über Verben

Autorin: Zsuzsanna Majoros

Es steht außer Frage, dass zahlreiche Bücher zu diesem Thema auf dem Markt zu finden sind. Warum ist es dann nicht egal, ob ein Werk mehr oder weniger auf dem Buchregal steht? Weil dieses Buch überdurchschnittlich ist und vor allem für uns ungarische Germanistikstudierende geschrieben wurde und unseren Ansprüchen und Kenntnissen gerecht wird. Dass es aber nicht nur für heimische Studierende geeignet ist, ist bloß ein Zeichen seiner Vortrefflichkeit.
Ich möchte zuerst meinen ganz persönlichen Zugang zum Buch darstellen. Ich kenne die Autorin seit drei Jahren. Ich habe bei ihr im ersten Semester an der Universität Szeged die Grammatik-Vorlesung besucht, und dann habe ich im Laufe der Jahre an mehreren Seminaren, die von ihr gehalten wurden, teilgenommen. Ich habe schon von Anfang an aus ihren Büchern gelernt. Auf die Grammatikprüfung habe ich mich mit Hilfe des Buches Morphologie des Deutschen im Überblick (2007) vorbereitet, und das Buch Einführung in die Sprachwissenschaft (2008) habe ich bei meinen linguistischen Seminaren immer wieder benutzt. Diese Bücher sind unter denjenigen, die ich immer wieder in die Hand nehme und nach ihnen greife, wenn ich in irgendeiner linguistischen Frage unsicher bin. Ich denke, dass dieses neu erschienene Buch völlig in diese Reihe passt, und dass es auch von mir regelmäßig gebraucht werden wird. Frau Drahota hat mich mit drei anderen Studentinnen noch im Frühling 2010 darum gebeten, einen Teil von ihrem Buch durchzulesen, dazu unsere Meinung zu äußern, und Fehler, die uns auffallen, im Skript zu markieren. Wir sind dieser Bitte selbstverständlich gerne entgegengekommen und haben uns schon damals darauf gefreut, dass ein neues Werk von ihr erscheint. Durch diese Aufgabe haben wir uns miteinbezogen gefühlt und durch diese einzigartige Idee konnten wir auch zu der Studentenfreundlichkeit des Buches beitragen.
Das Buch bearbeitet ein umfangreiches Thema: Das Verb. Im Buch Morphologie des Deutschen im Überblick (2007) gab es schon einen dem Thema gewidmeten Teil, doch dies schien nicht ausreichend genug zu sein. Dieses Problem verlangte danach, in einem selbstständigen Buch ausgeführt zu werden. Ich weiß aus eigener Erfahrung und ich denke, dass ich damit nicht allein unter den GermanistikstudentInnen stehe, dass dieser Bereich uns Deutschlernenden viele Schwierigkeiten bereitet. Es zeigt auch, dass dieses Thema (zumindest war es so, als ich im ersten Semester war) ein ganzes Semester lang im Rahmen des Grammatikseminars behandelt wird. Nicht umsonst wird so viel Wert darauf gelegt. Vor allem sehe ich das Grundproblem darin, dass das Ungarische nicht die entsprechenden grammatischen Kategorien des Verbs hat, wie es sie im Deutschen gibt. Ich nehme hingegen schon an, dass die Mehrheit mit Person und Numerus mehr oder weniger irgendwie schon klar kommt. Die ersten Schwierigkeiten tauchen beim Tempus auf, wo wir kaum etwas mit den verschiedenen Vergangenheitsformen anfangen können, da wir im Ungarischen nur eine haben. Ebenso schwierig zu verstehen ist, wie man mit einer Form des Futurs auf ein vergangenes Geschehen Bezug nehmen kann. Noch schlimmer sieht es mit dem Genus aus, da das Ungarische keine Genusunterscheidung trifft. Genauso wie wir kein Passiv haben, wobei es Restformen gibt. Beim Aspekt sind wir völlig ratlos, was das eigentlich überhaupt ist. Beim Modus des Deutschen liegt die Schwierigkeit darin, dass es zwar auch Überlappungen, aber vor allem starke Unterschiede zu dem Ungarischen gibt. Wir Studierenden erleiden auch oft Schiffbruch mit den 4-5-gliedrigen analytischen Verbformen und ihrer Positionierung im Satz, die uns völlig fremd im Vergleich zu den ungarischen vorwiegend synthetischen Formen und deren Stellung vorkommen.
Die Autorin kennt diese Schwierigkeiten der Deutschlernenden aus eigener Unterrichtserfahrung, und dementsprechend kann sie auch in den bis jetzt „dunkel“ gebliebenen Bereichen durch anschauliche Beispiele und durch systematische Darstellung Klarheit schaffen. Was für mich bei der Erlernung dieser Sprache unerlässlich erscheint, ist die Fähigkeit, das System der Grammatik und der einzelnen Teilbereiche zu durchschauen. Das wird im Buch durch viele Schemata, Tabellen, sprachlich einfache Formulierungen, die auch für Studienanfänger keine Schwierigkeiten bereiten dürften, und durch die übersichtliche Gliederung erreicht. Ich finde es außerdem sehr hilfreich, dass es nicht im durchgängigen Fließtext geschrieben wurde. Durch die Hervorhebungen der Gliederung und Nummerierung wird deutlich, was wozu gehört, was sich wie an etwas anderes anschließt, damit man folgen kann. Ich möchte noch unbedingt eine Stärke dieses Buches, die mir aufgefallen ist, erwähnen, nämlich dass es immer Beispielsätze gibt, und dass diese auch ins Ungarische übersetzt sind, obwohl die Metasprache des Werkes Deutsch ist. Ich denke, dass es viel dabei hilft, dass die trockene Theorie in die Praxis umgesetzt wird. An diesem Buch sieht man, dass es für Studierende geschrieben wurde, da es die für uns relevanten Themen behandelt und sehr studentenfreundlich und leserfreundlich gegliedert ist. Ein sicheres Grammatikwissen ist für alle unentbehrlich, die sich mit Germanistik beschäftigen wollen, und auch für diejenigen, die anspruchsvollere Deutschkenntnisse erwerben wollen. Dieses Werk ist ein echter Schatz für diese Zwecke.
Das Werk kann auch selbstverständlich kritisiert werden. Man kann sogar zynisch bemerken, dass man zu diesem Buch nur eine Schere braucht, weil es eigentlich nur die bisher gekannten Erkenntnisse der verschiedenen Grammatiken zusammenfasst und nichts Neues bringt. Alles, was im Buch geschrieben worden ist, steht schon so oder so in einem anderen Werk. Aber es war auch kein Ziel der Autorin, neue Theorien zu schaffen. Sie behauptet selbst im Vorwort des Buches: „[Ich habe] nach Verständlichkeit und Überschaubarkeit gestrebt“. Und das ist ihr voll und ganz gelungen. Eine sichere Hand, die die Schere führt und mit Fachkenntnis die einzelnen Teile thematisiert, sortiert, mit eigenen hilfreichen Bemerkungen ergänzt, und sich dabei unserer Schwierigkeiten bewusst ist, kann auch mehr sein als man auf den ersten Blick denkt. Diese spezielle Art der Bearbeitung eines Teilbereichs der Grammatik ist auf keinen Fall mit anspruchsloser Qualität gleichzusetzen.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Autorin ihr Ziel ganz gewiss erreicht hat und uns Studierenden eine nützliche Hilfe in die Hand gab. Die wichtigsten Vorteile sind in diesem Werk für mich die bewusste Sprachbetrachtung, die logische, aufeinander aufbauende Bearbeitung der einzelnen Teilthemen und der klare, konsequente Aufbau des Werkes. Deswegen steht noch ein Buch mehr in meinem Bücherregal.